Yoga – Patanjali

Jedes zweite Wochenende wollte ich ja etwas über Yoga schreiben, weil – wie vor zwei Wochen mal erwähnt – eine passende Yogapraxis mich unter anderem auf meinem Weg gestärkt und unterstützt hat.

Deswegen heute

Die 8 Stufen des Yogas nach Patanjali. (auf den ersten 4 bin ich ziemlich gut unterwegs)

Das Ziel ist Samadhi, die vollommene Ruhe der Gedanken im Geist, die absolute Erkenntnis und Zufriedenheit. Ok. Ein sinniges Ziel. Um recht bald da hin zu kommen, hat vor sehr langer Zeit Patanjali die Yoga Sutras geschrieben. Ein Leitfaden für Yogis. Das tolle daran ist, dass die sehr kurz und knapp verfasst sind. Es gibt also eine Menge Spielraum für Interpretationen. Der Weg zu Samadhi besteht aus 8 Schritten, wobei der ein oder andere Schritt für den ein oder anderen schon ein ziemlicher Spagat sein wird.

Stufe 1: die 5 Yamas. Verhaltensregeln im Umgang mit unseren Mitwesen.

1.Ahimsa: Nicht verletzen – klar. Das tun die wenigsten, andere Mitwesen verletzen indem sie mit einen Knüppel auf jemanden eindreschen. Aber mit Worten verletzen oder gegen jemanden verletzende Gedanken hegen, oder sich selber verletzen indem man beim Sport übertreibt oder Alkohol in sich rein schüttet. Oder da ich von Mitwesen rede – damit sind auch Tiere gemeint. Und auch er jetzt sagt er würde nur ganz wenig Fleisch essen und auch nur vom Bauern des Vertrauens, der seine Tiere tod streichelt. Kein Tier möchte sterben. Leben zu nehmen ist immer mit Gewalt verbunden.

2.Satya: Wahrhaftigkeit. Nicht lügen, auch nicht sich nicht selbst belügen, sich selber treu bleiben und das ganze ohne jemanden zu verletzen. Na, spannt der Schritt? Dazu wäre es vielleicht notwendig Kritik zuzulassen, ohne sie persönlich zu nehmen. Dazu müsste wiederum Kritik gelernt werden. Und damit meine ich nicht den Nonsens aus Kritikgesprächen. „Ja da bist ganz toll aber für das nächste mal wünsche ich mir, dass du es noch ein bißchen besser machst.“ Ich habe recht viel Kritik bekommen, als ich meinen Aussteigerplan gemacht habe. Weil mache Menschen sich tierisch auf den Schlips getreten gefühlt haben, weil ich es so ganz anders machen wollte. Weil, wenn ich es so mache, dann muss das automatisch heißen, dass es die anderen wohl falsch machen. Aber das ist Bullshit. Am Ende zählt wie glücklich und zufrieden man ist. Und ob man das nun in einem Wohnmobil am Strand oder in einem Reihenhaus oder in einer Einraumwohnung ist. Wenn dein Weltbild ins wanken gerät, nur weil gleich nebenan ein anderes ausgebaut wird, dann überprüfe deines einfach mal, ob es wirklich deins ist, oder eins das die Umstände dir gebaut haben. Belüge niemanden. Auch dich nicht.

3.Brahmacharya: Keuschheit – Es reicht bewusst Sex zu haben und nicht auf Trophäenjagd zu gehen, oder durch Sex irgendwas zu erreichen, was man sonst nicht erreichen würde. Eine Beförderung oder so. Oder man erpresst jemanden, oder tut es damit er/sie bei einem bleibt.

4.Aparigraha: das Nichtannehmen von Geschenken, Anspruchslosigkeit, nicht Gierig sein. Trinke ich auf Arbeit fünf Liter Kaffee nur weil er da kostenlos steht? Steh ich als erstes am Buffet um mir alle Frischkäsehäppchen zu sichern? Horte ich jeden Mist und Schnulli nur um meine Schubladen voll zu haben oder aus Prinzip, weil ich es nicht ertragen kann, dass mein Kollege neben mir mehr haben könnte.

5.Asteya: nicht stehlen. Nicht nehmen was mir nicht gehört. Leicht zu verstehen. Und ich darf mich auch nicht bestehlen lassen. Ok. Auch nicht meine Zeit. Also, bevor man sich die Zeit stehlen lässt, wahr bleiben und sagen, dass man sich keine Zeit stehlen lassen möchte, ohne den anderen zu verletzen. Wenn jetzt – nur zum Beispiel – eine Freundin jeden Abend heulend bei mir hängt, weil ihr Typ sie schlecht behandelt. Ich höre mir das an, gebe ihr vielleicht den ein oder anderen Tipp. Und am nächsten Abend sitzt sie wieder da. Weil er wieder getrunken hat und ihr eine gezimmert hat. Dann kann ich das eine Weile tun, aber wenn es mich nervt, dann muss ich ihr auch mal sagen, dass sie ihr Elend für sich behalten soll. Weil 1. sie mich verletzt. Man kann sich nicht jeden Abend anhören wie jemand den man mag schlecht behandelt wird. 2. Es war ist, dass es nervt und 3. Sie mir meine Zeit stiehlt. Ausnahmen bestätigen die Regel. Wie lange man sich was anhört, dass muss jeder für sich selbst entscheiden. Es war nur ein kleines Beispiel.

 

Mit diesen fünf kleinen Regeln haben wir schon die erste Stufe hinter uns gebracht. Juchhu.

Stufe 2: die 5 Niyamas – die Verhaltensregeln für sich selbst.

1. Saucha – Reinheit: ( innere und äußere) mit gesunder Ernährung den Körper rein halten, mit freundlichen Gedanken, mit den 6 Reinigungs Kryas (dazu irgendwann mal was) ist etwas schwerer als sich regelmäßig zu waschen. Das ist das mindeste. Wenn du unter Mitwesen unterwegs bist, darfst du nicht stinken. Basta! Wenn du irgendwann komplett erleuchtet bist und in einer Höhle auf einem heiligen Berg wohnst und den ganzen Tag meditierst, dann mag das egal sein. Aber waschen hin oder her, wer den ganzen Tag nur Scheiße im Kopf hat und damit meine ich nicht irgendwelchen Blödsinn sondern Hass, Gewalt, Neid und Niedertracht, der kann sich noch so abschrubben und parfümieren, der ist ein alter, dreckiger Stinker.

2. Santosha – Zufriedenheit: Hiermit ist nicht gemeint, sich mit allem zufrieden zu geben. Sondern zufrieden sein. In einer Gesellschaft von Dauernörglern recht schwer. Aber trotzdem ein erstrebenswerter Zustand. Also zum Beispiel, man kommt von Arbeit nach Hause und das liebe Fräulein hat das letzte Schokoeis gegessen, auf das man sich den halben Tag lang gefreut hat. Dann kann man ausrasten, man kann aber auch ruhig sagen wie blöd man das findet, das liebe Fräulein nochmal zum einkaufen schicken, aber soll sich nicht die ganze Zeit ärgern. Und wenn die Läden schon zu sind, dann schickt man sie halt zur Tanke oder isst einen Apfel und ist damit zufrieden. So ungefähr. Oder der Typ mit dem man verabredet war, versetzt einen kurz vor der Angst. Klar ärgert man sich darüber, man sollte aber trotzdem bemüht sein einen schönen Abend zu verbringen. Wenn es auch nur mit einer Tüte Kartoffelchips ist und der 3. Staffel Buffy die Vampierjägerin. Wenn du das hier liest, sind wunderbare Dinge passiert. Du hast erst mal lesen gelernt und sitzt jetzt da und hast Strom. Vielleicht sogar ein Zimmer zum drin sitzen? Dann kannst du jetzt zufrieden sein. Wenn dir dein Chef allerdings mit so was kommt, wenn du ihn um mehr Geld bittest, dann solltest du ein paar Bewerbungen schreiben.

3. Tapas – Askese: Einfach mal Selbstbeherrschung trainieren. Bewusst verzichten. Ich faste zwei mal im Jahr. Zwei mal eine ganze Woche nichts essen, nur Wasser und Tee trinken. Man sollte ab und an sich selbst beweisen, dass der Geist über das Fleisch siegt. Das man sich ganz diszipliniert im Griff hat. Das macht auch ganz viel mit dem Selbstbewusstsein.

4. Swadhyaya: Studium religiöser Schriften – man soll halt religiöse / heilige Schriften lesen. Nein. Das ist ganz bestimmt nicht das, was ich tun werde. Aber nur mal gesponnen. Als Patanjali diese Regel geschrieben hat, lag alles wissen bei den Brahmanen. Das waren eben die Geistlichen und Gelehrten. Deswegen hatten die meisten Schriften mit irgendwas Religiösem zu tun. Und man hat sich jedes Phänomen versucht zu erklären, indem man irgendwelchen Göttern irgendwelche Eigenschaften zugesprochen hat. Nun ist inzwischen“Wissen“ nicht mehr Elite, sondern was sehr breit gefächertes. Und vielleicht bedeutet Swadhyaya auch nur, dass man etwas lesen soll, dass Wissen vermittelt. Damit der Geist beschäftigt ist. Also ist quasi ein Kochbuch, oder Reiseberichte, sowie eine Tageszeitung quasi eine heilige Schrift. Lustige Taschenbücher oder die Gala auf keinen Fall. Weil das nur zur tumben Unterhaltung dient und den Geist verstopft und betäubt. Ich habe inzwischen ziemlich viele Spirituelle Menschen getroffen de meinen die Bhagavad Gita wäre das Buch der Bücher. Die wenigsten konnten mir allerdings sagen, warum sie das so sehen. Und nach ein bißchen Nachbohren haben die meisten zugegeben, dass sie noch nie rein geguckt haben und wenn, dann nur die ersten paar Seiten. Ich musste sie während meiner Ausbildung lesen. Und nein, ich finde nicht, dass sie das Buch der Bücher ist.

5. Isvarapranidhana:  Verehrung Gottes – interpretiere ich einfach mal rein, dass man an irgendwas glaubt, was Höher ist. Also, nicht selber der Nabel der Welt sein und sich für das wichtigste halten, sondern eben Gott, oder Götter, oder Energie, oder die Mächte der Ewigkeit (Angels Kumpels)

 

Stufe 3: Asana – Stellung/ Haltung

Ohne Zwischenschritte. Da es sich beim Raja Yoga um Meditation handelt, sind noch nicht mal irgendwelche komplizierten, halsbrecherischen Asanas gemeint, sondern einfach nur das da sitzen. Lotos ist perfekt, Kreuzbeiniger Sitz, Schneidersitz, gehen auch. Hauptsache die Basis ist fest. Dann ist es noch wichtig die Wirbelsäule frei zu halten und aufrecht und gerade zu sitzen. Die Brustwirbel, der Nacken und der Hals, bilden eine gerade Linie. Die Knie sollten unterhalb der Hüften sein (geht bei mir nur mit Kisschen). Jetzt kann man bewegungslos sitzen und bequem, stundenlang. Falls das doch nicht so bequem ist, sollte man sich dann doch mal mit anderen Asanas beschäftigen. Solche die den ganzen Körper dehnen und kräftigen, damit er fit ist um zu meditieren. Ein schwacher Rücken kann nicht ohne sich anzulehnen, aufrecht sitzen. Da ist dann vorher vielleicht schon mal z.B. die Kobra zu üben. Deswegen ist es besser gleich damit an zu fangen. Also man kann mit den Yoga Stellungen anfangen, bevor man es geschafft hat, nicht mehr schlecht zu denken, oder schlecht zu riechen. Dann ist man beweglich und kräftig genug, um die 3. Stufe recht schnell zu nehmen, weil es da ja nur ums sitzen geht.

 

Stufe 4: Pranayama – Atemtechniken

Durch verschiedene Atemtechniken wird das Prana, also die Lebensenergie kontrolliert. Das ist vielleicht manchmal lästig zu üben, aber eine Runde Kapalabhati ersetzt eine Tasse Kaffee. Ich mache morgens Kapalabhati UND trinke Kaffee und ich bin morgens voll drauf. Wenn man auf 180 ist und kurz vor einem Wut Infarkt, dann wirken eine viertel Stunde Wechselatmung Wunder. Schützt auch vor Erkrankungen der Atemwege und steigert das Lungevolumen. Das mit dem Lungevolumen ist mir aber auch erst bewusst geworden, als ich mit drei Atemzügen durchs ganze Becken geschwommen bin. Ohne Hundehecheln. Und beim Zahnarzt, da verfalle ich normalerweise in Schnapp Atmung und plötzlich konnte ich trotz Angst, ruhig atmen und hatte die dann auch recht schnell im Griff.

 

Stufe 5: Pratyahara – Sinne zurücknehmen

Man schafft es den Geist von den Sinnen zu trennen. Also man kann wenn man da sitzt und versucht zu meditieren abschalten. Man stört sich nicht an Geräuschen, weder Vogelgezwitscher noch Auto hupen, man nimmt sie nicht war. Genauso wenig wie irgend einen Geruch oder kalten Lufthauch, einen eingeschlafenen Fuß oder eine juckende Nase oder volle Blase. Man ist nur noch Geist der seine Sinne zurück gezogen hat. Wenn das geschafft wird, wenigstens mal für ein paar Minuten ist schon ziemlich weit auf den Weg zu Samadhi.

 

Stufe 6: Dharana – Konzentration

Die absolute Konzentration. Auf irgendwas. Ein äußeres Objekt, ein Mantra und alle anderen Gedanken ziehen vorbei, ohne dass sie gedacht werden. Nur ein mal. Wenigstens 30 Sekunden. Sich Bewusst konzentrieren.

 

Stufe 7: Dhyana – Absorption

Die Gedanken fließen beständig zum Konzentrationspunkt.Der Geist verschmilzt quasi mit des Essenz. Also wenn wir bei der Eigenschaftsmeditation immer wieder den Satz „ich bin mutig“ denken, dann denken wir zwischendurch nicht ob schon die 20 Minuten rum sind, ob man jetzt die 6. Stufe schon geschafft hat, ob die Läden noch auf sind wenn man endlich fertig ist nein. Man denkt ICH BIN MUTIG, bis unser Geist mit jeden einzelnen Wort verschmilzt und das Herz öffnet sich und obwohl vielleicht jetzt gerade das Handy klingelt, die Schulter juckt und jemand Steinchen ans Fenster wirft, man denkt nur ICH BIN MUTIG. Und dann ist MUTIG nicht mehr irgend ein Wort sondern eine Eigenschaft die dein Geist einfach hat.

 

Stufe 8 Samadhi – Überbewusstsein

Man sagt Samadhi ist das Ziel aller Existenz und das alle Lebewesen sich auf dieses Ziel hinbewegen würden. Man ist angekommen, wird auch nicht mehr wiedergeboren. Bewegt sich außerhalb von Raum, und Zeit im Licht, vollkommen zufrieden und über den Dingen stehend. Ich will gar nicht wissen, seit wie vielen Leben ich schon auf den ersten Stufe rumhänge. Aber zumindest hab ich schon mal davon gehört.

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