Mein Zimmer in Spanien

Der ein oder Andere denkt bestimmt, hier in Spanien habe ich eine Anstellung mit Renten und Krankenversicherung, feste Arbeitszeiten und einen Plan. Es wird Zeit die Katze aus dem Sack zu lassen. Nichts von alldem. Ich hätte es mir auch nicht vorstellen können. Vor einem Jahr hätte ich mir einen Strick genommen, bevor ich mich solchen Unsicherheiten ausgesetzt hätte. Ich arbeite hier auf der Finca Vegana 5 Tage in der Woche, 5 Stunden am Tag. Meine Aufgabe ist es Frühstück für die Gäste zu machen und auch die Marmeladen oder andere Aufstriche zuzubereiten. Abends kann man sich auch von mir bekochen lassen. Zwischendurch backe ich Kuchen. Und wenn es, wie jetzt, mit Gästen nicht so voll ist, dann kehre ich die Terassen, sammle Nüsse, putz auch mal das ein oder andere Klo oder erledige Dinge die so anfallen. Dafür habe ich ein Zimmer und kann essen wann uns soviel ich will. Wir teilen uns ein Badezimmer mit Wanne, sowie Wohnzimmer und Aufenthaltsraum. Wir, das sind in dem Fall Netti und Sascha, die Betreiber der wunderbaren Finca Vegana. Sie selbst leben auf dem Gelände in einem Wohnwagen. Im Haus leben Silke und Dirk, zwei digitale Nomaden die z.B. die Seiten „Minimalisch“ oder „Backpacking-Irland“ betreiben und eben ich. Das Geld was ich brauche für z.B. meine Auslandskrankenversicherung oder mein Telefon, sowie meine Autoversicherung, verdiene ich mir mit Yogastunden, die ich nebenher gebe, Ayurvedischer Ernährungsberatung und Entspannungssitzungen. Das war bisher recht wenig, aber ich brauche auch recht wenig und zehre noch von dem was ich habe, von daher ist noch alles entspannt. Dieses Jahr kriege ich noch hin und im Januar muss ich halt eine Niere verkaufen oder meinen ganzen Körper. Mal gucken. Hier möchte ich auch nochmal auf die Detox Woche aufmerksam machen die wir gleich am Jahresanfang anbieten.

Nun gut, warum mache ich das? Erstmal ist es vollkommen gut, mit Menschen zusammen zu leben, die ein bißchen so ticken wie man selber. Hier in dem Fall sind es erst mal Veganer und Menschen die mit wenig aus kommen. Dann kommt dazu, dass jeder einzelne eine absolut liebenswerte Persönlichkeit ist und man gerne miteinander arbeitet, lacht, zankt und zusammensitzt und Bier in sich rein schüttet. Ja, es ist auch anstrengend. Weil es ist wie Familie. Und Familie sägt auch immer ein bißchen an den Nerven. Und man kann schwer aus seiner Haut raus. Aber das habe ich glücklicherweise in der Einraumwohnung zusammen mit den Fräulein geübt. Aber am Ende des Tages sitzt man zusammen und weiß, dass man sich dazu entschieden hat, weil es gut ist. Man muss keine 40 Stunden Woche haben nur um sich eine ganze Wohnung leisten zu können. Soll ich doppelt so lange arbeiten nur um bei offener Türe mit einer Zeitung kacken gehen zu können? Ich denke so was wird überschätzt. Nackend durch die Wohnung bummeln, geht schon seit 13 Jahren nicht mehr, wenn man nicht auf kalte Hundenasen am Hintern steht. Der Hund versucht jeden Analspiegel zu prüfen und da kann man schreien, Dinge werfen, zusammenkneifen, egal. Schlüpper an ist das einzige was hilft.

Auf jeden Fall, für mich als Dauersingle ist das ein perfektes Arrangement. Also das mit der WG, nicht das mit der Hundenase.

Und man hat Zeit. Zeit um an eigenen Projekten zu arbeiten. Siehe meinen tollen Blog. Hätte ich die Muse meine superwichtigen Geschichten in die Welt zu tragen wenn ich 8 Stunden täglich arbeiten würde um dann zu Hause noch zu putzen oder sowas? Nope. Und so kann ich an einem freien Tag hier in meinem voll gemütlichen Zimmer sitzen und lesen oder schreiben, stricken oder basteln. (Oder in Singelbörsen rum surfen) Gleich geh ich eine Runde mit den Hunden und heute Abend gibt es Pommes.

Sascha und Netti sind keine Hotelbesitzer die hier sitzen und erwarten Hilton Mäßig Geld scheffeln zu können. Es sind Idealisten, die sich mit viel Mühe und Mut einen kleinen Platz Frieden geschaffen haben. Wenn man kein Gesundheitsveganer ist, sondern vegan lebt, weil man Tierleid in keinster Weise ertragen kann, dann kann man Menschen die Fleisch essen auch nur recht schwer ertragen. Und hier ist eben so ein Platz wo man es nicht ertragen muss. Wo man sich nicht rechtfertigen muss und für ein Extremist gehalten wird. Und deswegen ist das was ich tue für diese Gemeinschaft. Hier sitzt keiner den ganzen Tag im Schneidersitz, singt OM und lutscht Gras. (Genaugenommen bin ich die einzige die zumindest ab und an im Schneidersitz sitzt und OM singt.) Hier wird ziemlich oft mit Bier am Pool abgehangen. Und es werden sich ziemlich viele Leckereien in die Figur gehauen. Deswegen musste ich schon nach Algodonales zum Markt fahren um mir eine größere Jeans zu kaufen. Was ich so auch nie gedacht habe. Aber es ist auch schon wieder rückläufig. Ich mach da nicht mehr mit. Nur bei Pommes mach ich eine Außnahme, also heute.

Ok und jetzt zu meinem „Kinderzimmer“. Man sieht mein Bett und daneben das vom lieben Hund. img_20161108_180527526So kann ich zwischendurch immer mal kraulen. Links hängt ein Foto vom lieben Fräulein und auf der Fensterbank liegt meine Musikanlage und meine Solarbetriebene Winkequeen. Meine Lippenpflegestifte hat ein scheiß Waschbär geklaut. Das ist so ein Elend. Ich kann nicht bei zunem Fenster schlafen und dann fehlt ständig was. Kerzen, meine Stoppuhr, die hat Dirk aufm Dach wieder gefunden, aber mein Kopfhörer war kaputt. Auf dem Bett liegt mein Laptop.img_20161108_180534679 Gleich rechts daneben ist ein Einbauschrank mit all meinen Büchern sie ich noch habe. Davor steht Fibies Box, falls sie doch noch jemand mitnehmen möchte ist sie eine Transportbox gewöhnt und es gibt keinen Stress. Vorm Bett steht mein Kleiderschrank.img_20161108_180555727 Ja, die Alutrue. Aber Unterwäsche und Strümpfe sind im Schubladenschrank. Da guck ich vom Bett aus drauf. Und daneben hängt meine selbstgebastelte Bilderwand. img_20161108_180613428Und hier sitz ich dann, höre dem Hund beim schnarchen zu, schreibe Briefe für das liebe Fräulein oder halte ein Schwätzchen mit meinen Mitbewohnern die ja gleich nebenan ihr Zimmer haben und auf dem Weg ins Bad immer mal hier stehen bleiben. Hier ist mein Raum zum sein.

4 Gedanken zu “Mein Zimmer in Spanien

  1. Diesen Text habe ich sehr gerne gelesen. Lässt sich der Waschbär nicht vielleicht von einem robusten Fliegennetz fernhalten? Oder schlitzt der das auf wie einen Gelben Sack? Ich hoffe, es ergibt sich etwas für dich, so eine Niere hält nämlich auch nicht so lange vor und was gibst du dann? Lieben Gruß

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