Hier kommt wieder ein kleines Reiseabenteuer vom lieben Fräulein, dem Hund und mir. Vielleicht mag der ein oder andere ja eine Wanderung für die Osterferien planen. Die Uckermark ist zu empfehlen, wenn man Ausdauer hat, sich gut darauf vorbereitet und von Pension zu Pension wandert.
Wenn man im Freien schlafen will und deswegen sein ganzes Zeug mit schleppt, dann kann das schnell in Stress ausarten. Soweit ich gehört habe, haben sich die Begebenheiten dort noch nicht wirklich geändert. Viele Landwirte haben gar keine Lust auf Wanderer und deswegen werden immer noch Wanderwegschilder oder Rastplätze über den Haufen gefahren. Allerdings sind diese auch schon mal so unglücklich hin gestellt, dass man mit diesen großen Landmaschinen nicht wirklich dran vorbei kommt ohne ewig rum zu rangieren.
Ach ja und wer mit dem Zelt die Uckermark durchwandern will, ein Zelt für 20€ aus dem LIDL ist keine gute Idee. Es ist genaugenommen eine sehr dumme Idee. Zelte für 20€ haben eigentlich nie die erforderlichen Qualitäten. Auch wenn es drauf steht. Und wenn auf dem PackungsBild ein breitschuldriger Mann im Holzfällerhemd steht, der mit einer Tasse Kaffee in der Hand die Zelttüre aufhält, dann bedeutet das nicht, dass der jetzt in das Zelt rein geht um dort drinnen zu sitzen, sondern er will seine Zwerge füttern. Ich habe am Ende das Zelt am Bahnhof in den Müll geworfen, obwohl wir es eigentlich mitnehmen wollten um den LIDL Filialleiter zu zwingen eine Nacht mit seinem Kumpel, insofern er einen hat, in diesem Zweimannzelt zu verbringen.
Mit steigenden Temperaturen stieg das Bedürfnis des lieben Fräuleins sich den Rucksack auf zu schnallen und los zu rennen. Da ich nicht irgendwann mal zum Feierabend ins Krähennest kommen wollte um nur noch ein Post-It an meiner Türe zu finden „ich bin dann mal weg“, versuchte ich sie mal wieder fürs vorausschauende Planen zu begeistern.Wir hatten diesen Wanderweg nicht ganz so ausgetüfftelt wie im Jahr zuvor den Harzer Hexenstieg. Wir wolten 6 Tage unterwegs sein. Wir wussten nicht ob es Wanderhütten gibt, deswegen sollte diesmal ein Zelt mit. Es sollte von Prenzlau nach Warnitz gehen, dann nach Angermünde, von da nach Ringenwalde, dann nach Templin, über Boitzenburg zurück nach Prenzlau. So war der Plan. Im Harz hatten wir ja ziemlich viel Strecke gemacht, obwohl es auf und ab ging und somit hatte ich die Entfernungen ein wenig großzügiger geplant, den die Uckermark ist ja flach. Und so war das dann:
Wandern durch die Uckermark – durchhalten und aufgeben
Man kann planen, so viel man will. Letztendlich wird das was passiert vom Universum, oder von deinem Karma bestimmt.
Wir sind am Freitag gestartet. Alle mit unterschiedlichen Motivationen. Hund wollte einfach nur die Mäusepublikation der Uckermark dezimieren, sowie das gesamte Gebiet als sein persönliches Revier markieren. Das liebe Fräulein befand sich quasi im Trainingslager für „echtige Trekkingtouren“ und den Ernstfall Zombie Apokalypse, und ich wollte einen zünftigen Wanderurlaub mit regionaler Gemüseküche und Landschaft anklotzen haben. Außerdem wollten das liebe Fräulein und ich intensiv Zeit miteinander verbringen, da wir nur aktuell noch ca. 700 Tage zusammenleben. Wir starteten also am Freitag um Punkt 12 am Bahnhof Prenzlau. Eine Stunde später fanden wir den Einstieg zum Wanderweg und machten erst mal Rast, um unsere Regenjacken hervorzukramen. Denn es tröpfelte ganz fein. Die ersten 10 km rannten wir in Einem durch, weil wir entweder durch Gestrüpp, oder durch weite Felder gekommen sind. Keine Bank, noch nicht mal ein dicker Stein, oder ein Baumstamm, wo man sich mal hätte draufsetzten können, irgendwann haben wir uns einfach am Wegrand fallen gelassen. Am frühen Abend kamen wir nach ca.16 km an eine kleine Gaststätte, die Erste (und für lange Zeit die Letzte) auf unserem Weg. Dort bekamen wir den Tipp noch ein paar Kilometer weiter zu gehen um an einen perfekten Platz zum Zelten zu kommen und das Angebot im Garten schlafen zu dürfen wenn es nicht aufhören würde zu
regnen. Nein, wir liefen los und es regnete so schlimm, das Hund sich zeitweise weigerte auch nur einen Schritt zu gehen. Der Platz am See war tatsächlich schön und während ich das Zelt aufbaute, gingen Hund und Fräulein baden. Das Zweimannzelt war klein, eng stickig und ich erlebte eine der unbequemsten Nächte meines Lebens. Vollkommen durchweicht frühstückten wir am nächsten Morgen unsere Müslieriegel, packten unsere nassen Sachen zusammen um trabten los, von der fixen Idee besessen, eine Bäckerei zu finden um Kaffee und Kuchen zu kaufen. Angetrieben von dem Gedanken, hinter der nächsten Ecke würde es irgendwas leckeres zu Essen geben, rannten wir ohne Pause bis zum Mittag durch und kamen nach Biesenbrow. Die 3. Ortschaft ohne Bäckerei.An der ersten Türe am Ortseingang erfuhr ich, es gebe so was wie eine Gaststätte, allerdings nur mit Vorbestellung. Wir gingen trotzdem hin. Die Dame, die uns den Weg beschrieb kündigte uns telefonisch an und folgte uns mit dem Rad um auch sicher zu gehen, dass wir dort ankommen.
Alleine hätten wir die kleine Schäferei nie gefunden. Dann saßen wir bei Peter Kloos im wunderschönen Gästehaus und da er nicht auf Gäste vorbereitet war, hatte er nicht so viel da.
Es gab selbstgepressten Apfelsaft und selbstgemachte Nudeln aus Eiern von den Hühnern die über den Hof liefen, mit Mangoldpesto aus dem Garten. Wer mal richtigen Landurlaub im Biosphärenreservat machen möchte, der kann hier auch Ferienwohnungen mieten. Ausgeruht gings weiter, leider in die falsche Richtung, da die stetige Wanderwegbezeichnung plötzlich weg war. Also liefen wir Kilometerweit in sengend heißer Sonne über abgemähte Felder. Hund ließ die ein oder andere Maus aus und selbst das liebe Fräulein wurde immer stiller. Selbst eine Obstbaumallee konnte die Stimmung nicht heben. Völlig entnervt kamen wir in Briest an, wo wir erstmal verzweifelt unter einem Baum saßen. Keine Bäckerei, kein Laden, keine Gaststätte und der Bus fährt nicht am Wochenende. Aber es gab einen Taxiunternehmer im Ort, den ich aus seinem Sonnenstuhl klingelte. Der fuhr uns dort hin wo wir eigentlich hätten sein sollen, er macht das wohl öfter, da die Wegmarkierungen immer wieder von den Landwirtschaftsmaschienen umgefahren werden. Dann liefen wir noch mal 10 Kilometer und kamen gegen 20 Uhr an eine passende Stelle, wo wir unser Zelt am See aufschlagen konnten. Es war immer noch alles nass, aber es war warm und deswegen alles nicht so schlimm. Aber ich merkte, dass sich Blasen an meinen Füßen gebildet hatten. Während Hund und Fräulein wieder badeten, hielt ich nur meine dampfenden Quanten ins Wasser. Bei einer Tasse Tee lagen wir noch lange vorm Zelt und redeten. Am nächsten Morgen haben wir uns etwas mehr Zeit gelassen, mit Frühstücken und zusammenbauen. Wir versprachen uns mehr Pausen zu machen, egal ob der Platz schön oder doof ist. Deswegen konnten wir auch Mittag mitten im Wald am Wegrand machen. Wir hatten einen Steri-Pen dabei. Ohne diesen wären wir schon im Harz verdurstet. Man kann Wasser damit sterilisieren mittels UV-Licht.
Leider gab es hier kein richtig fliesendes Gewässer und der Geschmack blieb. Wir wären fast dehydriert, weil man das brackige Wasser gleich wieder hochwürgen musste. Selbst die Nudeln zum Mittagessen haben nach Dreck geschmeckt. Gegen Abend kamen wir nach Ringewalde, wo es im Gasthaus zum grünen Baum selbstgemachtes Eis und tolles Essen gab. Auch dort werden Ferienwohnungen vermietet, an Gemütlichkeit nicht zu überbieten. Da es wieder gewitterte, habe ich kurz überlegt, aber wir hatten ja unser feuchtes Zelt. Also gings weiter durch den Wald und das liebe Fräulein versuchte mich mit Gruselgeschichten von meinen Fußschmerzen abzulenken, es wurde langsam dunkel und als wir irgendwann an ein 3 Seelen Dorf kamen, hätte ich vor Erleichterung heulen können. Man kann sich ja nichts anmerken lassen. Die Mutti muss die Nerven behalten. Wir zelteten, nachdem wir brav gefragt hatten, gleich auf dem Dorfplatz. Dort stand nämlich eine überdachte Bank. Das hieß, wir konnten unsere Rucksäcke draußen lassen und am nächsten morgen im Trockenen frühstücken. Nachts regnete es wieder.
Tropfnass wachten wir auf, frühstückten und wanderten wieder los. Es regnete unaufhörlich und die nassen Funktionssocken fingen an die Haut von meinen aufgequollenen Füßen zu reiben. Selbst das liebe Fräulein guckte schmerzverzerrt und Hund hasserfüllt. Also sagte ich: „Wenn es jetzt nicht aufhört zu regnen und meine Schuhe nicht bis zum Mittag trocken werden, dann wandern wir nach Templin und fahren von da mit dem Zug nach Hause.“ Das liebe Fräulein guckte geknickt, da sie noch weiter gekonnt hätte. Es ist natürlich wichtig zu lernen nicht gleich aufzugeben. Aber es ist auch wichtig zu lernen, etwas zu beenden, dass weder Sinn noch Spaß macht. Es tut mir leid liebes Fräulein, aber niemand hält dich jetzt für weich, nur weil wir nicht stur an unserem Plan fest gehalten haben. Natürlich hätten wir es geschafft. Du sowieso. Aber zu welchem Preis? Warum rumquälen? Gefühlt waren wir ja 2 Wochen unterwegs. Wir haben total viel erlebt, total viel gesehen.Schlangen, Frösche, Schlangen mit Fröschen im Maul, Rehe, niedliche Häuser, tiefe Wälder… Die Augen konnten sich ausstrecken und bereits am zweiten Tag, konnte ich an bestimmte Menschen denken, ohne es gleich an die Galle zu bekommen. Nach etwas mehr als 110 Kilometern sind wir dann in Templin um 14:45 Uhr angekommen, von da nach Oranienburg, weiter mit dem Zug nach Wittenberg, nochmal umsteigen in Bitterfeld und um 20 Uhr waren wir endlich in Halle. Nachdem wir uns die dicke Schicht Autan, Sonnencreme und Dreck von der Haut geschrubbt haben, kam auch schon das Pizzataxi und seit dem gehts wieder. Laufen tut immer noch weh, aber ich fühle mich tiefenentspannt.
P.S.-das ich fast nur Fotos von mir und dem Hund verwende liegt nicht nur daran, dass ich auf Fotos besser aussehe. Das liebe Fräulein macht mir die Hölle heiß wenn ich Fotos von ihr ins Netz stelle. Vor allem bei Fotos in kurzen Hosen. Obwohl sie auf allen Fotos so gut aussieht. Sie behauptet aber felsenfest, dass das nur an meinen Mutterinstinkten liegen würde und das alle Mütter ihre Töchter schön finden würden und deswegen meine Meinung nicht zählt.
Oh, dass ist mal ein realistischer Wanderbericht! Ich gehe gerne Wandern, habe mich aber noch nicht an mehrtägige Touren gewagt. Ich bin jetzt hin und her gerissen, aber besonders bei Schlangen mit Fröschen im Maul dachte ich: „Die muss ich sehen!“ 😉
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Ich glaube am Anfang ist der Harz besser. Mehr Bänke, Mülleimer, bessere Wanderweg Kennzeichnung, Hütten und vor allem fließendes Gewässer.
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Danke für den Bericht. In der Uckermark zu wandern muss schön sein, gerade weil so wenig los ist. Darüber denke ich schon länger nach. Welchen Weg seid ihr gegangen, hat der einen Namen?
Ihr seid echt mutig gewesen, gleich zu zelten und dann auch noch mit solchem Schönwetterzeug. Trotzdem: Tolle Sache.
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Es war die „Uckermarker Landrunde“ da gibt es auch extra Bücher und schöne Wegbeschreibungen.
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Danke, das ist sehr interessant und davon wusste ich bisher nichts. Wie schön, dass ich über deinen Beitrag gestolpert bin. Wieder mal was gelernt.
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