Hilfe Helfer helfen

Möchte ich helfen oder eigentlich nur klugscheißen?

Ich hatte noch nie ein Problem damit nach zu fragen oder es gar zu zugeben, wenn ich etwas nicht weiß.

Als Kind habe ich immer ziemlich schnell gemerkt, wenn jemand eine Antwort gerade erfunden hat und es hat mich wahnsinnig gemacht.

Das mag ja alles kein richtiges Problem sein, wenn es sich um Fragen handelt warum Nudeln beim kochen weich werden, oder ob es den Hühnern beim Eier legen weh tut am Po oder ob Gott mich auch auf dem Klo beobachtet.

Aber wenn es um Sachlagen geht, die richtig ins Geld gehen können oder Schlimmeres, dann kann man doch auch mal ruhig sein. Wenn man unbedingt seinen Senf dazugeben muss, kann man ja sagen „Keine Ahnung, ich würde es so und so machen.“

Bei der Frage wie ich meinen Bauwagen hier her bekomme, hatte ich ja auch viele Tipps bekommen, die mich um viel Geld, eine Anzeige und längeren Führerscheinentzug hätten kosten können. Das wurde von den meisten aber mit keinem Wort erwähnt. Im Gegenteil, die die mich darauf aufmerksam machten wurden noch mit Hohn und Spott überzogen. „Bei mir hat es vor 6 Jahren ja einmal geklappt und deswegen ist das die ultimative Wahrheit.“

Letztens war da aber ein junges Mädel auf facebook, die nach Spanien reisen wollte um dort zu bleiben. Die selbe Tour wie ich, Belgien, Frankreich Spanien. Und sie wollte aber ihren Hund nicht impfen lassen, weil sie vom Impfen halt nun mal nichts hält. Da wussten natürlich einige, dass man eh nicht kontrolliert wird und das da auch gar nicht so danach geguckt wird. Und wenn sie angehalten wird und nicht weiter darf, dann soll sie halt sagen, dass sie eben zurück nach Deutschland fährt und an der nächsten Ecke warten bis die „Bullen“ wieder weg sind und dann halt schnell weiter fahren. Gut, ich bin mir ziemlich sicher, dass man nicht weiter fahren darf mit einem ungeimpften Hund und obendrein noch Strafe bezahlen muss und es durchaus passieren kann, dass der Hund eingesackt wird. Ob er nun tatsächlich an Ort und Stelle eingeschläfert wird, glaube ich nicht, aber dass er erst mal in eine Quarantäne Station kommt, wo er dann eingeschläfert wird, wenn man nicht recht zügig einen ordentlichen Batzen Geld rüber wachsen lassen möchte, dass ist ziemlich sicher. Wie komme ich also dazu solche Ratschläge zu geben? Weil ich mich wichtiger fühle wenn unter jedem Post ein Kommentar von mir steht? Aber wäre es dann nicht auch cool den Post erst mal komplett zu lesen und mich eine Minute zu fragen ob ich ihn auch verstanden habe?

Jemand – ein facebookfreund – wird von einem Hund gebissen, richtig tief ins Fleisch. Er sitzt vernünftigerweise schon beim Arzt, fragt sich was wohl jetzt passiert und postet das auch so.

Hier kommen ein paar Schmankerl aus den Antworten. Keiner von den Schlaumeiern scheint in Pflegeberufen zu arbeiten. „Lass dich nicht gegen Tetanus impfen, das hilft nichts, macht nur die Pharmaindustrie reicher.“ „Wenn es blutet gehen die Keime schon raus, einfach Bein hoch legen.“ „Hundespeichel ist antiseptisch, Pflaster drauf und gut ist.“ „Nimm blos kein Antibiotika.“ „Ringelblumensalbe drauf und beobachten.“

Keiner schreibt „Ich würde…“ „Ich glaube…“ alle schreiben „so wird’s gemacht“

Ich schreibe „Du bist ja schon beim Arzt, wenn der nicht gerade in einem Planwagen am Straßenrand steht und nebenher Haarwuchsmittel verkauft wird der schon wissen was zu tun ist und ist ein besserer Ratgeber als irgend welche Schlaumeier mit ein bißchen Halbwissen.“

Ganz böse und gemein. Wie ich den so austeilen könnte, ich mag ja vielleicht recht haben aber die Leute gleich als Schlaumeier zu beschimpfen ist doch ein bißchen arg, weil man kann halt nicht alles wissen.

Ja, man muss natürlich nicht alles wissen. Aber man muss auch nicht zu allem seinen Senf dazu geben. Darum geht es doch. Vor allem wenn es Menschen in unmittelbarer Nähe gibt die genau über diese Herausforderung alles wissen.

„Ja, ich höre immer alles mit dem Appellohr und dann will ich helfen, so bin ich halt, das ist doch menschlich, ich bin wie Mutter Theresa.“

Bullshit! Mutter Theresa wusste was sie tut.

Dumme, falsche oder ungefragte Ratschläge… wahrscheinlich hat jeder ein klein wenig den Drang seinen Kompetenzen eine Bühne zu geben. Das geht ja auch immer ein bißchen runter wie Öl. Wenn ich das VHS Kursheftchen aufschlage und meinen Namen da lese, wird mein Gang so aufrecht, dass ich fast hinten über kippe. Aber alle Kurse die ich anbiete liegen auch in meinem Bereich.

Gelegentlich kommt jemand um mir seine Beziehungsprobleme vor zu jammert. Da bin ich auch schnell mit guten Ratschlägen an Ort und Stelle.

Das liebe Fräulein sagte mal „Sei mir nicht böse Mama, aber du bist wirklich die Letzte die ich fragen würde, wenn es um Beziehungen geht.“ Warum? Nur weil ich seit 16 Jahren alleine lebe und bisher keine Richtige hatte? Ich hab schon Beziehungsratgeber gelesen da bist du noch mit der Trommel um den Christbaum gelaufen! Gut, das Resümee meiner langatmigen, sehr ausschweifenden Ratschläge ist meistens immer „Ich würde Schluss machen.“ oder „Ich würde ihm in die Eier treten und dann Schluss machen.“

Aber da ich ja in den letzten Jahren nun auch kein Mauerblümchen war, konnte ich doch die ein oder andere Erfahrung machen.

Aber wenn jetzt jemand kommen würde um die Hosenbeine hoch zu krempeln um mir schwarz angelaufene Beine zu zeigen, dann würde ich ihm keine von meinen Salben und Cremes geben, obwohl ich wirklich gute habe, sondern würde ihm sagen, dass er zum Arzt gehen soll. Damit hätte ich ihm geholfen. Ich kann vielleicht noch ein Taxi oder den Notarzt rufen. Aber mehr nicht.

Mein Opa hat mir gesagt wie Bäume beschnitten werden. „Du musst einen Hut durchwerfen können und er darf nicht in den Zweigen hängen bleiben. Alles was nach innen wächst kann weg.“ Fang ich jetzt an Kurse in Baumschnitt zu geben? Eigene Hüte sind bitte mit zu bringen?

Ich tu damit keinem einen Gefallen, bestenfalls mache ich mich lächerlich.

Also – Helfen ist ok – Klugscheißen eigentlich auch. Aber eben Klug und nicht gewollt aber nicht gekonnt.

Die SAVA Technik – (sicheres Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit) ist ein Hilfreiches Instrument, wenn man schlecht vorbereitet in ein Meeting geht, irgendwas nicht gemacht hat und sich dann gekonnt raus laviert.

Es ist nicht sinnvoll sie Pro-Aktiv ein zusetzten.

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