Letztens erst war ich in einer lokalen „Alternativ-Lokalität“ um mir eine lokale Band an zu hören. Nämlich die Band vom freundlichen Freund des lieben Fräuleins.
Die Kapelle spielt feinste Hippie Musik, obwohl sie selber den Musikstil irgendwie anders beschreiben würden. Aber egal. Ob nun psychedelischer Funk oder ordinäre Rockmusik, ich musste keinen Eintritt zahlen und deswegen hat die Mutti gegen halb 10 ihr Rad am „Hühnermanhatten“ abgeschlossen um mit dem lieben Fräulein ein Bier zu trinken und ein wenig handgemachte Musik zu hören. Vorher hatte ich noch gefragt ob auch andere Leute in meinem Alter da sind, das wurde bejaht mit dem Satz „Klar, da kommen viele ältere Leute.“
Die älteren Leute entpuppten sich als Senioren Anfang 30 und die paar wirklich älteren Leute waren irgendwelche Eltern von jungen Erwachsenen die auch dort anwesend waren.
Nachdem ich dann den Blick habe schweifen lassen, war ich heilfroh im gesetzten Alter zu sein, wo man nach langen, peinlichen Lernphasen endlich weiß, welche Klamotten einem stehen.

voila, ab 40 ist Animalprint ok ookenvouge
Undenkbar ich müsste heutzutage auf die Pirsch gehen und alle Jungs oder meinetwegen auch Männer würden Tiny Jeans tragen. Hosen die aus sehen wie aufgemalt und dann hinten in der Hosentasche Schlüssel und Portemonnaie und vorne ein XXL Smartphone und eine Bigbox Zigaretten. Und weil die Hosen so günstig sind beulen die Knie beim sitzen aus und wenn man dann auf steht gehen die Hosenbeine plötzlich nur noch bis Mitte Wade. Dann diese bescheuerten Käppis, die nicht richtig aufgesetzt, sondern nur so auf den Kopf gelegt werden. Und die Krönung, Schnauzbärte sind wieder in. Nicht wenige hatten so einen Marsriegel unter der Nase. Irgendwann zeigte ich lachend auf einen Typ, der das alles UND noch zusätzlich einen Pelzmantel an hatte. Ohne Scheiß, einen Pelzmantel wie ihn in den 80ern meine Oma getragen hat. Ich wollte gerade zum lieben Fräulein sagen „Gucke mal, der Clown.“ Da meinte sie „Ja, der hat das coolste Outfit von allen hier…“
Jetzt könnte der ein oder andere sagen „Ähh…hattest du früher nicht wie alle aus der Metall Szene Stretch Jeans getragen?“ Und dann sage ich „Ja, ich hatte sogar eine Leoparden Stretch Jeans und ich war in dem Alter sehr, sehr dick und ich habe diese enge Jeans getragen in der vollen Überzeugung, dass ich damit viel schlanker aussehe. Aber!!! wir wussten es damals nicht besser. Wir hatten keine Fotos von früheren Generationen wo wir sehen konnten wie bescheuert das aussieht. Wie kann heute jemand rum rennen wie Magnum und sich vorstellen er sieht gut aus. Wir hatten damals das unvorstellbare Glück kein Internet oder Smartphone zu haben. Ich bin noch mit einer Kleinbildkamera auf Partys gegangen und wenn man nur um die 30 Bilder hat, dann überlegt man es sich zwei mal ob man sinnlose Bilder macht. Heute kostet das nix mehr und ist obendrein auch noch ins Internet gestellt, noch bevor man wieder nüchtern werden kann.
Ich weiß noch, als das Fräulein in die 7. Klasse ging und vollkommen verstört nach Hause kam. Sie hatten in der Schule Christiane F. „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ geguckt. Das mit den Drogen hat jetzt nicht so interessiert, aber die Klamotten „Sind früher alle so rum gelaufen oder nur die Drogenabhängigen?“ Wir haben ein paar Fotos von früher angeguckt, eine paar Foto Bravo Lovestorys aus den 80er/90er, herzlich gelacht und uns gefreut, dass es inzwischen normale Klamotten gibt.
Und jetzt?
In vielleicht 10 Jahren werde ich vielleicht meinem verängstigten Enkelkind erklären müssen, wie es kam, dass die Generation seiner Eltern mit Schnauzis, Fliegersonnenbrillen und Tinyjeans in die Öffentlichkeit gehen konnten.
„Weil sie nichts aus der Vergangenheit gelernt haben. Und nun höre dein ALF Hörspiel und versuche zu schlafen. Oma will die Neuverfilmung von „Dirty Dancing“ auf ARTE gucken.“