und andere Unverträglichkeiten
Mein liebes Fräulein hält mich gelegentlich für ziemlich intolerant und deswegen zanken wir auch gelegentlich aufs vortrefflichste.
Wobei ich mir immer ein bißchen mehr Toleranz für meine Intoleranz wünsche. Hier eine kleine Geschichte aus vergangener Zeit, nach der mich mein liebes Fräulein fast zusammengefaltet hat.
Zu einer Zeit wo noch keiner Internet und Handys hatte, verliebte sich die noch sehr junge Tanja mal wieder unsterblich auf einem Festival in einen Typen der so ungefähr das coolste war, was sie bisher gesehen hatte. Da sie aber zu dem Zeitpunkt in einem kleinen Nest bei Rotenburg wohnte, musste das jetzt auch nicht so viel bedeuten.
Donnerstag Nacht an einem Tresen gesehen, das übliche Beuteschema, lange Haare, Tatoos, 3 Tage Bart und es hatte sofort gefunkt. Von Sekunde an trennte man sich nur um aufs Klo zu gehen. Alles andere wurde zusammen gemacht. Vorzugsweise auf irgend einer Rückbank.
Das Elend war nur, das ganze war von Anfang an nur eine Temporäre Sache war. Der feine Herr kam aus der Schweiz und Montag Morgen sollten sich die Wege wieder trennen.
Das war voll schlimm weil beide waren voll verliebt und am Sonntag Abend, nachdem „Typ O Negativ“ warens glaube ich, aufgespielt hatten, saßen die beiden vor dem Renault der Tanja und diese schluchzte herzerweichend in sein Canibal Corbse T-Shirt. Weil man sich ja vermutlich nie wieder sehen würde und alles ist so schrecklich blablabla. Dann – brach er in Tränen aus, richtig heftig und laut, klammerte sich an seine liebste Tanja fest und die dachte „Ach du Scheiße, was geht denn hier?“ Sie tätschelte ihm die Schulter, drückte ihn noch einmal an sich und fuhr dann besser schon am Sonntagabend.
Und hier meinte das liebe Fräulein ich wäre ein fieses, herzloses Monster. Aber was soll ich machen? Natürlich dürfen Männer weinen. Wenn jemand sehr wichtiges stirbt, bei der Geburt des eigenen Kindes. So was. Aber was …? Ich zum Beispiel heule ständig. Ich bin ja so nah am Wasser gebaut. Gerade die Werbeblocks zu Weihnachten rühren mich zu Tränen. Ich würde nie CocaCola trinken. Aber wenn der Cola Truck vorfährt und gute Stimmung verbreitet breche ich in Tränen der Rührung aus. Die Buddweiser Werbung mit dem kleinen Hund, da brauche ich nur daran zu denken und fang an zu flennen. Ich bin emotional so breit aufgestellt, dass ich bisher jeden Typen damit in die Flucht geschlagen habe. Aber ich bin eine Frau. Ja das mag sexistisch sein. Aber noch mal – was soll ich machen? Wenn sich ein Mann in Tränen auflöst wegen so einem Kiki, dann ist das Ding für mich rum. Gegessen. Da verändern sich meine Gefühle auf einen Schlag. Ich kann da nichts für. Egal wie doof das ist.
Natürlich würde ich es nie wagen mich über die Gefühle eines anderen Menschen lustig zu machen. Ich kommentiere das nicht oder sage ihm er soll sich zusammen reißen. Aber war er vorher noch ein Kandidat für irgendwelche Schlafzimmeraktivitäten ist er dann nur noch ein guter Kumpel. Sollte ich das dann noch irgendwie fortführen? Obwohl sich jede Phase in meinem Körper dagegen sträubt?
Warum das so ist? Ich weiß es nicht. Weder meine Großeltern oder Eltern haben mir das je eingetrichtert oder anerzogen. Ich hatte einen kleinen besten Freund als kleines Mädchen. Wenn der geweint hat, hieß es nie „Ein Junge weint nicht.“ nur „Tanja was hast du jetzt schon wieder gemacht.“
Also diese Männertränenintoleranz steckt tief in mir drinnen.
Ich kann nur beeinflussen wie ich damit umgehe. Wenn ich meine weinenden Festival-Affäre weg geschubbt hätte um ihn aus zu lachen und irgend was wie „Reiß dich zusammen du Pussy!“ gegrölt hätte, wäre das natürlich unterste Schublade. Völlig indiskutabel und inakzeptabel. Aber ich kann da auch keine gute Miene zum schaurigen Spiel machen und mit einem Mann rum schmusen der mir vorher ein GIF geschickt hat mit einer animierten glitzer Rose, oder irgend welche Bildchen mit hochnotpeinlichen Sprüchen. „Ein knutschiger Knuddelgruß.“ Oder am besten solche „Unsere Liebe ist wie ein Ring…“ (eh, dass ist meine Rosette auch).
Nun gut.
Aber das bedeutet auf keinen Fall, dass ich auf Machos stehe. Und natürlich mag ich nette Überraschungen und Schmusereien und wenn sich mal einer kümmert… Ich bin also kein fieses Monster nur weil mein Schlüpfer nicht in Flammen steht wenn ich ein Plüschherz überreicht bekomme.
So fühle ich eben. Ein Warum steht außer Frage weil es nur Anlass zu Spekulationen gibt, es ist eben so. Ich habe damit selbst genug zu tun. Da brauche ich mich nicht rechtfertigen warum ich nicht nicht auf Knuffipuffis stehe.
Meine Eltern haben mir einen passenden Namen rausgesucht und mit der Zeit ist dann mein Spitzname dazu gekommen. Aber ich finde es nicht schön in der Öffentlichkeit Mausi oder Schneckchen genannt zu werden. Also das hat auch noch nie jemand gemacht. Aber manchmal kommt das einen zu Ohren und dann denke ich – ganz still für mich – „Dear Mr. Singingclub…“
Ich würde da nichts sagen, geht mich auch nichts an. Aber ich will, dass es akzeptiert und toleriert wird, dass ich in dieser Hinsicht etwas Intolerant bin. Zumal ich mit meiner Intoleranz niemanden verletze. Das ist ja nicht so gekommen weil ich falsch informiert bin oder irgendwelche Vorurteile durch eine falsche Erziehung habe.
Dieses Rollenbild „Frauen dürfen, Männer nicht“, steckt in jeder Faser meines Körpers. Und es mag ungerecht sein und sexistisch aber ich könnte nur so tun als würde ich es putzig finden. Und wem würde das was bringen?
Wichtig ist, man kann nicht alles mögen oder gut finden und manchmal hat man eine Merkwürdige Meinung die vom Bauch diktiert wird. Wenn ich Aufgrund dessen auf jemanden runter schaue, ihn klein mache, Beleidige oder diskreditiere hat dass nichts mit meiner Intoleranz zu tun, sondern damit, dass ich ein Arschloch bin.
Und so zu tun als ob ich tolerant wäre, kann richtig nach hinten los gehen. Wenn man mit Leuten zusammen sein muss, weil der Grund, warum man es eigentlich lieber nicht sein würde, von seinen Mitmenschen nicht anerkannt wird, dann fängt man nämlich an einen Grund zu suchen. Und das wird übel. Hab ich oft genug beobachtet. Bei mir, bei anderen, mal war ich Täter, mal war ich Opfer, mal Zuschauer.
Und ganz oft hat vorgetäuschte Toleranz alles nur schlimmer gemacht. Deswegen wünsche ich mir, Toleranz für meine Intoleranzen.
Könnte man dazu sagen, das Du in Sachen Toleranz hier die Hose runter gelassen hast ( ist so ein Sprichwort, nur die Tanja ist ja Weiblich !?! Oder muss es dann heißen: da haste den Rock runtergelassen oder doch ehr, da haste den Rock hoch gehoben???). Wie auch immer , ich kann dich da verstehen. Männer müssen hart aber doch verständnisvoll sein und Frauen muss man nicht immer verstehen. 🙂
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