In meiner Pubertät und der „junge Erwachsene“ Phase gab es ziemlich viele Männer, die meinem Holz vor der Hütte Anerkennung zollten indem sie offen aussprachen „Na Tanja, du hast ja schon richtig Holz vor der Hütte.“ Gerade während der Pubertät war mir das Oberpeinlich und ich wäre vor Verlegenheit am liebsten im Erdboden versunken. Und ganz Eindeutig musste ich mir diesen Spruch stecken lassen, weil ich weiblich bin. Wäre ich männlich gewesen hätten ältere Männer den Daumen zwischen Zeige und Mittelfinger gesteckt und mit einem dümmlichen Grinsen gefragt „Na Junge haste denn schon mal?“ und ich hätte mich nicht mehr auf dem Klo in einer Einzelkabine einschließen dürfen, sondern hätte mich mit den anderen Typen in eine Reihe stellen müssen um die Größe und den Haarwuchs untenrum kommentieren zu lassen. Na Egal – ich war immer recht froh kein Junge sein zu müssen. Aber die Typen, die den Wuchs meiner Oberweite meinten kommentieren zu müssen, hatten die dabei an SEX gedacht? Und hier wette ich, wenn ich als Antwort ein „Ja, ist voll gewachsen, wollt ihr mal anfassen?“ entgegnet hätte, hätten die sofort einen Herzinfarkt bekommen und es meinem Vater gepetzt. Viele dieser Männer kannten mich nämlich schon als kleines Kind. Dieser Holz vor der Hütte Spruch war vermutlich nur ein dummes, plumpes und sehr unbeholfenes Zeichen „Aha, wir registrieren, dass du inzwischen eine Frau geworden bist, meine Güte wie die Zeit vergeht.“
Das macht den Spruch nicht besser. Er war dämlich und übergriffig. Aber ich habe mich nie sexuell belästigt gefühlt.
Auch wenn auf Partys irgendwelche Typen betrunken versuchen einen in den Arm zu nehmen um „Hey Süße wolln ma was trinken“ zu stammeln, habe ich mich nie großartig belästigt gefühlt, weil ich einfach nur „Verpiss dich.“ gesagt habe und damit war das Thema gegessen. Es sei denn der Herr hatte eine angenehme Erscheinung. Das ist vielleicht ein Problem, ich erwarte angesprochen zu werden. Ich gebe mit einem Lächeln und den Augen Signale und dann erwarte ich, dass sich der Mann in Gang setzt. Was schon ewig nicht mehr passiert ist, deswegen ist es geradezu vermessen in der Gegenwart zu schreiben. Also einst gab ich Signale und wurde daraufhin angesprochen. Allerdings auch mal von Typen die nur optisch auf eine gewisse Distanz nett anzusehen waren, oder andere Macken hatten die ich damals noch großzügig aussortieren konnte.
Und gerade zur späteren Stunde wurden die Sprüche immer dümmer. Aber was erwartet man von einem Kerlchen, der schon 1.8 auf dem Kessel hat, weil er eigentlich nur mit seinen Kumpels einen zischen wollte und nun auf Signale reagieren muss?
Ich gucke mir gerne schöne Menschen an. Auch bei Frauen gucke ich. Aber meistens gucke ich nach schönen Männern. Ich laufe durch die Stadt und gucke. Ich gucke auch Männer an die viel zu jung sind, oder viel zu schön. Also ich lächle dabei nicht anzüglich und reibe mir den Schritt, aber ich gucke und lächle freundlich. Und manchmal, wenn einer guckt und nicht zurückschreckt, dann zwinkere ich sogar. Wenn jetzt einer kommen würde und würde mir sagen „He, du hast mich eben auf der Leipziger Straße angeguckt. Ich fühle mich sexuell belästigt, du hast mich mit deinen Blicken ausgezogen, entschuldige dich gefälligst.“ Dann würde ich sagen „Wenn du dich durch Blicke belästigt fühlst, dann bleib halt in deiner Wohnung und kontaminiere nicht den öffentlichen Raum. Oder guck halt in eine andere Richtung, meine Güte.“
Wenn ich auf der Straße unterwegs wäre und jemand wie, sagen wir mal, Henning Baum, auch da laufen würde und würde mich anlächeln und vielleicht „Guten Tag schöne Frau.“ hinterher rufen, dann wäre ich natürlich viel, viel froher, als wenn es jemand wäre wie z.B. Ottfried Fischer. Aber wenn Ottfried Fischer mir „Guten Tag schöne Frau.“ hinterher rufen würde, dann würde ich „Guten Tag.“ sagen, dabei nicken und „Uääääääää.“ denken. Und nicht rumflennen, weil ich ja jetzt sexuell belästigt wurde. Kommt schon, wir sind erwachsen. Was uns Frauen fehlt ist eine gesunde Einstellung. Wenn jemand auf mich zu kommt und sagt „Hey Baby, an dir würde ich gerne mal naschen.“ ist das einzige Gefühl was ich empfinde Fremdschämen und wenn der Typ besonders häßlich ist, dann auch noch Mitleid. Und wenn uns einer antatscht, dann müssen wir nicht lange heulen, sondern gleich dafür sorgen, dass er nicht noch mal auf die Idee kommt. Und das wäre nur zu seinem Besten.
Und hier kommen wir langsam zu dem Hauptproblem – so wie ich das sehe. Dazu zwei Geschichten.
Ich bin auf einem Festival, wir stehen auf dem Zeltplatz. Ein betrunkener Typ kommt an, stellt sich vor mich, drückt meine Brust zwei mal und sagt dabei „Huphup.“
Ich hole aus, hau ihm eine rein, er stolpert, versucht sich auf zu fangen, stolpert wieder, torkelt und fällt mit seinem Gesicht auf den Grill. Nur ganz kurz, ihm wurde sofort aufgeholfen. Aber er hatte zwei rote Streifen im Gesicht, die auch Narben bleiben sollten.
Seine Kumpels lachten und jolten als er wieder aufrecht stand und man sehen konnte, dass außer zwei Streifen in der Fresse nichts schlimmes passiert ist. Böse Blicke und fiese Vorwürfe, gab es von den Weibern aus der Gruppe. „Musst du immer gleich so reagieren, was da hätte passieren können…“
Vor vielen Jahren hier in Halle im La Bim, ich steh an der Theke und quetsche mich da so rein, damit ich auch mal dran komme und plötzlich merke ich, wie sich eine Hand in meine Hose und Unterhose schiebt. Ich kann nicht weg, weil ich ja an der Theke eingekeilt war. Also schnappe ich den Arm und werfe mich zusammen mit diesem ein paar mal feste gegen die Theke. Die Hand versucht sich wieder raus zu ziehen, aber ich halte sie fest, dreh mich um, guck ihm ins Gesicht, rotze ihn an, fange an vor Wut zu heulen und schlage auf ihn ein. Mit so einem runden Tablett für Gläser. Alles in Sekunden. Die Männer gucken, kriegen mit, dass der Typ gerade das kriegt was er verdient und passen nur drauf auf, dass nichts zu Bruch geht.“ Bevor einer richtig reagieren kann, ist das Ding schon rum und der Typ verkriecht sich stöhnend und ächzend in die Arme seiner Freundin, die entsetzt da steht, wegen meinem brutalen Übergriff. Eine Freundin dieser Freundin fragt mich danach auf dem Klo was denn los gewesen wäre. Ich erkläre ihr das und sie sagt, sie glaubt mir nicht weil er ja eine Freundin hat, der er immer absolut treu ist. Ich erkläre ihr, dass sich seine Finger wohl kaum aus versehen in meine Hose geschoben hätten und versucht haben sich sogar noch weiter in Körperöffnungen zu schieben und dass er ja nur nicht schnell weg gekommen ist, weil er die Hand in meiner Hose hatte. Ihr Kommentar „Da brauchst du dir jetzt nichts drauf einzubilden.“
Damit will ich sagen, dass viele Frauen bestimmt viel mutiger wären sich gleich an Ort und Stelle zu wehren, wenn es da eine Solidarität unter Frauen geben würde.
Und wenn es der Normalfall wäre, dass wenn ein Mann eine Frau an den Hintern fasst oder wo auch immer hin, wo sie es nicht möchte, er damit rechnen muss, von Frauen zurück angefasst zu werden und zwar ziemlich fest, dann würde das nicht mehr so selbstverständlich zum Alltag gehören. Dann hätten Männer mehr Chancen etwas Empathie zu lernen und würden ein bißchen besser aufpassen wem sie jetzt ein Kompliment machen oder es besser stecken lassen.
Jetzt kommt der/die ein oder andere vielleicht auf die Idee, ich würde Opfern von Vergewaltigungen die Schuld geben. Das ist 100% nicht so.
Ich erwarte, dass Jeder sich im Griff haben sollte. Selbst wenn das Objekt der Begierde nackend vor einem liegt.
Aber diese unzähligen Geschichten unter „#meto“ die einen blöden Spruch, oder ein anzügliches Zwinkern mit einem Griff an die Brust gleichsetzen oder sogar mit Schlimmerem, gehen mir auf den Zeiger.
Mir kommt es so vor, als wenn man mit übersensiblen Antennen durch die Gegend läuft, nur um auch mal eine Geschichte zum besten geben zu können.
Ein verunglücktes, unerwünschtes Kompliment ist keine Vergewaltigung.
Und nicht jeder Unglückswurm der es auf solche Weise versucht ist ein potentieler Vergewaltiger.
Und Frauen können auch verdammt sexistisch sein.
Fragt mal die armen Burschen die an meiner alten Arbeitsstelle einmal im Jahr die Fenster von außen gereinigt haben, während drinnen eine weibliche Mehrheit an den PCs gesessen hat.
Nun gut, wie löst man das Problem?
Es ist ja eine ziemliche verzwickte Angelegenheit.
Man könnte es mittels Rollenspiel üben. Wie reagiere ich auf ein unerwünschtes Kompliment.
Erröte ich schamhaft und husch dann weg um eine #meto Geschichte anonym im Netz zu veröffentlichen und mir die Augen aus dem Kopf zu heulen?
Sag ich was gemeines? Was schlagfertiges? Oder ignoriere ich es einfach?
Erlaube ich meiner Tochter sich wortlos umzudrehen und zu gehen wenn ihr ein alter Opa sagt sie wäre ja schon eine richtig schicke Dame? Wenn Freunde der Familie kommen und sagen was für eine Prinzessin mein Kind ist, freu ich mich dann und bedanke mich oder sag ich ihnen sie sollen aufhören mein Kind anzuklotzen?
Das ist alles ein elendig langer Lernprozess.
Aber wichtig und wünschenswert wäre es, wenn sich beide Seiten erst mal entspannen um dann auszusortieren was in welche Ecke gehört.