Also gleich zu Beginn, das Ding mit einem „fernen Land“ hat sich, nach über einen Monat intensivster Kommunikation, zerschlagen. Einerseits sehr bedauerlich, andererseits bin ich heilfroh, dass ich es früh genug gemerkt habe. So bleibt es mir erspart irgendwo außerhalb der EU fest zu sitzen, abhängig von Menschen die an ihrem Selbstbild arbeiten sollten, anstatt zu versuchen sich andere Menschen zu kaufen um diese in ihre Wunschform zu kneten.
Also keine Zitronenbäume für die Tanja.
Aber als ich die Südentür zugeschlagen habe, hatte das so eine Wucht, dass sich zeitgleich eine im Norden aufgetan hat.
Jemand hat auf eine meiner Anzeigen geantwortet.
Während ich für den Süden doch einige Kompromisse hätte eingehen müssen, scheint es hier für meinen Plan, der ja an meiner Wand hängt, doch etwas realistischer zu sein.
Oben links sieht man ja auf dem Plan die Obstbäume mit Hängematte, darunter einen Gemüsegarten, Bienenkörbe, Hühner und Schafe. Unter Palmen hätte ich kaum Rosenkohl angebaut. Zumal mich bei Temperaturen über 25 Grad dann ja doch die große Trägheit überfällt.
Die Sehnsucht nach Zittronenbäumen und Granatapfelblüten überfällt mich eh nur regelmäßig im Winter, wenn man den Eindruck hat, es wird gar nicht mehr warm und der Winter dauert ewig. Dieser Umstand ist in einem Bauwagen besonders gravierend. Ich glaube aber, dass ich in einem Haus, mit fließend warm Wasser und einer guten Isolierung nicht ganz so schlimm vom Fernsweh geplagt werde.
Unten links auf meinem Plan ist das Meer. Mit meinem Fahrrad. Ich hatte mir schon Gedanken gemacht wie ich mit meiner alten Klapperkiste ans Mittelmeer komme und obendrein extreme Steigungen meiden kann. Wegen meinem Knie.
Aber obwohl ich noch nicht viel gesehen habe, geschweige denn das Mittelmeer und obwohl der Atlantik schönere Wellen hatte und nicht so nach Fisch gerochen hat wie die Nordsee, war ich doch schon immer mehr ein Fan von der See im oberen Teil der Landkarte. Deswegen bin ich ja schließlich vor drei Jahren auf Föhr gelandet. Und wie es derzeit aussieht wird mein Rad bald Seeluft schnuppern.
Natürlich sagt der ein oder andere „Was soll das denn jetzt, du kommst doch eh wieder zurück nach Halle. Dann kannst du doch gleich da bleiben.“ Deswegen gehe ich auch gleich im Schlafanzug zur Arbeit, weil ich den heute Abend eh wieder anziehe. Waschen tu ich mich auch nicht, weil ich ja eh wieder schmutzig werde. Ich sage diesmal gar nicht, dass ich Halle für immer verlassen möchte. Ich habe in keinem anderen Ort so lange gelebt wie in Halle. Die Geburtsstadt des lieben Fräuleins. Hier habe ich meinen 23 Geburtstag gefeiert und jeden anderen Geburtstag danach ( bis auf den 43, da war ich in Spanien) und der nächste Geburtstag vom lieben Fräulein ist ihr 23. und das finde ich ganz schön krass. Und wenn ich irgendwann Oma werde, möchte ich ja schon so wohnen, dass ich mich in alles einmischen kann ohne vorher stundenlang im Zug zu sitzen. Also, wer weiß. Ich auf jedenfall nicht. Bis es soweit ist habe ich keine Lust auf der Stelle zu trampeln. Es darf also was neues passieren. Schon klar, dass es auch hier wieder Phasen geben wird, wo ich dann irgendwo sitze und rumflenne und fluche weil ich denke, dass nichts läuft und alles ganz schrecklich ist. Aber es passiert immer irgendwas.
Bis dahin werde ich natürlich weiter an mir arbeiten und meinen Besitz reduzieren. Es ist alles so aufregend, ich muss ständig aufpassen, dass ich kein Nasenbluten bekomme vor lauter Aufregung.
Genaueres kann ich Ende Juni sagen. Dann habe ich mir alles vor Ort angeschaut und ich werde mich ausschließlich auf mein Bauchgefühl verlassen.
Also, es bleibt spannend. :o)