Die zweite Woche Bauernhof. Der Markt ist gut über die Bühne gegangen und es gab echt tolle Momente. Ein Wandergeselle hatte Besuch von seiner Freundin bekommen und die stande dann mit mir zusammen in einer Bude. Wanda und ich haben Kartoffeln in Spiralen geschnitten und fritiert.
Ich und fritierte Kartoffeln. Zwei Tage lang. Wenn ich sowas jedes Wochenende machen müsste, müsste man mich mit einer Saugglocke Abend aus der kleinen Bude ziehen.
Am Montag wurde abgebaut, am Dienstag immer noch ein bißchen und Dienstag Abend habe ich dann drei Stunden heulend in meinem Zimmer gesessen und wollte am liebsten sofort wieder hier weg. Ich war wütend, bin mir benutzt vorgekommen und ausgebeutet, erschöpft und ungerecht behandelt.
Am Mittwoch habe ich mir meinen ersten freien Tag genommen, also ganz frei, noch nicht mal die Hühner gefüttert. Am Abend hatte ich dann ein ernstes Gespräch angekündigt und Donnerstag Morgen saßen mein Bauer und ich beim Frühstück und haben die ein und anderen Sachen geklärt.
Gut, ich bin ein typischer Skorpion und er ein typischer Löwe. Das birgt viel Zündstoff.
Aber dann kommt noch dazu, dass wir zwar sehr ähnliche Ziehle haben, aber während er geradeaus trampelt bin ich auf meinem, üblichen Korkenzieherweg unterwegs.
Das wird für uns beide ein krasses Lernfeld hier. Ich muss lernen, ohne schlechtes Gewissen meine Grenzen zu ziehen und aushalten wenn mich deswegen jemand anpoltert.
„Du weißt doch was du machst und warum du was machst, du kannst dich doch nicht von jeder Kritik so aus der Bahn werfen lassen. Du musst doch zu deinem Ding stehen. Das macht sonst kein anderer!“ sagt mein Bauer und recht hat er.
Zudem kommt bei mir noch hinzu, dass ich es gewohnt bin meine Arbeit zu machen um dann Freizeit zu haben. Das kann ich mir hier von der Backe putzen. Ich muss tatsächlich lernen, auch kleine Zeiträume als Freizeit anzunehmen. Also ich rede hier nicht von Leerlauf wo ich auf jemanden warte, sondern von … diese Arbeit ist getan und jetzt lese ich eine halbe Stunde und trinke Kaffee, oder bastel irgendwas.
Bisher sieht ein gewöhnlicher Tag so aus.
Ich stehe morgens auf wenn ich ausgeschlafen bin, mach ein bißchen Yoga und trinke eine Tasse Tee.
Um 7 Uhr geh ich in den Stall, füttere die Schafe, das große alte Pferd, miste Paulas Box aus, lasse die Hühner raus, hol die zwei Kühe von der Weide, die Kälbchen saufen, dann gehen die Kühe wieder zurück. Bei den Kälbchen muss der Bauer helfen, da ich die alleine nicht von ihren Müttis weg bekomme. Die kleinen Kälbchen wiegen so knappe 200kg und dürfen nicht den ganzen Tag bei ihren Müttern sein, da sie sonst die Euter wund beißen. Von denen kriegen die nämlich inzwischen auch mal einen Tritt wenn sie zu fest saugen. Die Kühe haben jetzt auch bald keine Nerven mehr auf ihre Kinder, sie sind schneller wieder auf der Weide als sie im Stall sind.
Danach frühstücke ich mit meinem Bauern und der Tag wird besprochen und dann gehe ich mit meinen Hunden meine Egerstausee Runde. Heute habe ich ein paar Steinpilze gefunden.
Danach sitze ich noch ein bißchen mit den Hunden auf dem Sofa und lese oder schreibe.
Anschließend röddel ich ein bißchen im Haus rum, nachher zum Beispiel gehe ich die Rankpflanzen um den Hühnerstall schneiden, weil da die Türe nicht mehr richtig zu geht.
Dann ist irgendwie schon Mittag, danach gibt es auch noch was zu tun, ich geh auch nochmal eine Hunderunde und bereite das Abendessen vor.
Kurz nach 18 Uhr stehe ich dann wieder im Stall. Abends dauert es immer etwas länger, da die Kühe von Hand gemolken werden. So zwei Liter, für Pudding, Kaffee und Müsli. Den Rest trinken wieder die Kälber.
Danach essen wir alle zusammen Abendbrot und dann ist frei.
Und so kann es meinetwegen die nächsten zwei Jahre laufen. Die Tage gehen so schnell rum, ich glaube nicht, dass mir es so schnell an die Nerven geht.
Auf dem Markt habe ich jemanden kennen gelernt, der mir das Wolle spinnen beibringen kann.
Ich werde mich den Winter über in die Imkerei einlesen und mich mit Hühnerhaltung beschäftigen. Die Hühner kommen inzwischen und lassen sich von mir streicheln und eins hat sogar auf meiner Schulter gesessen.
So läuft es erstmal.
Es bleibt spannend.