Rosa Glitzer aus meinem Hintern …

Ich hatte ja vor nur ca. drei Jahren angefangen diesen Blog zu schreiben, weil jemand meinte es könnte andere dazu bringen sich aufzuraffen um auch mal … etwas ganz, ganz anderes zu machen. Weil viele ja diese „Wenn ich erstmal in Rente bin, dann…“ Ausrede wie ein Mantra vor sich herbeten. Gerne würden, sich aber nicht trauen, weil sie denken so ein Leben im Bus/ Bauwagen/ auf der Straße/ im Urwald ist nur den anfang Zwanzigjährigen mit Fatimas Hand Tatoo vorbehalten. Wenn man Instagram durch guckt, da sieht man junge, dünne und sehr schöne Menschen in ihrem Bus liegen die in den Sonnenaufgang gucken und keine dicklichen Mittvierziger die völlig kreuzlahm, nach einer unruhigen Nacht, versuchen in eine aufrechte Position zu kommen und dann einen Nervenzusammenbruch bekommen weil das Gas alle ist und kein Wasser für den ersten Kaffe heiß gemacht werden kann.

Aber wenn ich auf Instagramm gucke, dann will ich kein Datenvolumen verballern um Dinge zu sehen die ich im Spiegel betrachten kann. Und ich weiß, dass auch die Zwanzigjährigen ihre Kriesen haben und auch streng riechen.

Ich bin jetzt „erstmal“ wieder zurück in der Normalität. Also in einer Woche. Und ich hatte wieder mal eine Erscheinung. Auf der Straße treffe ich einen Bekannten der mich schüchtern grüßt. Ich freue mich volle Bude, wir drücken uns und er guckt mich die ganze Zeit so an, als würde ich in einem Krankenbett liegen, an Schläuche angeschlossen und würde auf mein Ableben warten.

Ich habe ihn natürlich direkt drauf angesprochen. Hätte ja sein können ich hätte irgendwas verpasst.

Er wollte mit seinem Gesicht ausdrücken, dass ich ihm leid tue und mir so vermitteln, dass er sich nicht über mich lustig macht, sondern Mitleid mit mir hat.

Zum Umzug hat er aber keine Zeit und kann nicht helfen, sein Mitleid reicht also nur für hängede Mundwinkel. Nun gut, warum sollte man Mitleid mit mir haben? Weil ich jetzt da wäre wo ich angefangen habe und mir alles hätte sparen können.

Wenn ich so denken würde, dann würde ich morgens nicht aus dem Bett kommen, weil ich mich ja Abends eh wieder hin lege. Dann bräuchte ich mich nicht waschen weil ich ja eh wieder schmutzig werde oder die Ärzte hätten mich vor 46 Jahren nicht in einen Brutkasten legen, sondern in die Tonne hauen können, weil ich ja eh irgendwann sterbe.

Natürlich ist es ärgerlich, dass es nicht so geklappt hat wie ich es mir vorgestellt habe. Aber ich habe mir schon ganz viele Dinge vorgestellt und geplant die danach nicht so geworden sind wie ich es mir vorgestellt habe. Da denke ich nur an den Kuchen zum 17. Geburtstag vom lieben Fräulein. Da habe ich sogar so laut geheult, dass unser Nachbar rüber gekommen ist. Oder die Pluderhosen die ich mir nähen wollte. Erst habe ich geheult und geschrien und danach die Stoffe und den Schnitt zu meiner Mama geschickt und als die fertigen Pluderhosen dann zurück kamen habe ich wieder geheult, weil sie mir in meiner Vorstellung deutlich besser gestanden haben. In meiner Vorstellung sah ich damit cool aus und nicht wie ein Schneemann. Außerdem hatte ich mir NICHT vorgestellt wie die Oberschenkel in diesen Hosen, aneinander reiben und das man sich nach einem halben Tag nen Wolf gelaufen hat.

Also, wenn ich in den vielen Jahren was gelernt habe, dann das es selten so läuft wie geplant.

Nur heule und schreie ich schon lange nicht mehr. Ich schließe die Augen, zwicke mir in den Nasenrücken und atme tief durch. Danach trinke ich eine Flasche Rotwein und rufe Ute oder eine meiner Schwestern an und fluche so furchtbar, dass sie sich danach die Ohren mit dem Kärcher sauber machen müssen. John Lennon soll mal gesagt haben „Wenn du Gott zum lachen bringen willst, dann erzähl ihn von deinen Plänen.“

Ich versuche ja überall mit einer buddhistischen Einstellung ran zu gehen. Ich bin ziemlich fest im Glauben, deswegen gelingt es mir auch sehr oft alles so zu nehmen wie es kommt. Das was passiert hat schon seinen Grund und tieferen Sinn. „Trust your Journey“. Und gelegentlich ist es nicht leicht und ich komme an meine Grenzen. Als ich die Nacht in diesem dunklen, schmutzigen Drecksloch durchgezittert habe, da dachte ich auch „Willst du mich jetzt verarschen? Zu was soll das jetzt gut sein?“ Aber spätestens als ich um 4 Uhr Morgens Ute am Telefon hatte ging es mir auch schon wieder besser und ich wusste dann auch was zu tun ist. Auf der Fahrt nach Halle hatte ich dann schon die erste Ahnung was mir die ganze Reise zeigen sollte. Während ich mir den Arsch auf meinem Meditationskissen platt gesessen habe oder mit den Hunden über die Felder gelatscht bin hat sich die Ahnung zu einem AHA!!! gefestigt.

Man muss garnicht monatelang durch Indien oder Thailand pilgern um von runzligen Mönchen oder bertigen Gurus erleuchtet zu werden. Ein paar Wochen quer durch mein Land tuts auch. Denn ein schlechtes Beispiel ist oft lehrreicher als ein gutes Vorbild.

Im Fichtelgebirge habe ich gelernt wie krank es ist, wenn man sein Ego zu sehr aufbläst und denkt, weil man ein paar gute Gedanken, Ansätze und Absichten hat, der einzige auf der Welt wäre, der sich Gedanken machen kann und jeder der nicht genauso denkt, wäre der persönliche Feind.

Es gibt so eine Stufe auch bei den Yogis. Die wird als besonders gefährlich angesehen. Man kann schon eine ganze Menge und hat dadurch schon besondere „Kräfte“. Viele bleiben dann auf der Stufe stehen, weil sie sich dann für „fertig“ halten, lassen sich feiern und stehen ihrer eigenen Weiterentwicklung im Weg.

Auf dem Gestütt habe ich gelernt, das Besitz dich besitzen kann. Das Besitz eigentlich nur eine Illusion ist und man nur besessen ist. Besitz macht süchtig.

Und auf jeder Station habe ich eine Lektion gelernt. Und auf den Zwischenstationen habe ich was gelernt. Und im Mietwagen mit dem man, ohne das man es gemerkt hat, plötzlich mit 200 Sachen über die Autobahn fegt, habe ich auch was über mich gelernt … was mich sehr erstaunt hat. Aber dazu später. Auch zu den anderen Lektionen.

Natürlich macht es mich ab und an ein bißchen verlegen, wenn ich da stehe – kurz vor meinem 46 Geburtstag, in gebrauchten Klamotten, Hose kaputt weil ich mich Vorgestern mit einem geliehenem Rad aufs Maul gelegt habe und Freunde um Bettwäsche, Handtücher, Möbel und Zeit bitte. Tatsächlich macht es mich gelegentlich nicht nur verlegen um was zu bitten, sondern auch um angebotene Hilfe anzunehmen.

Aber, daran musste ich gestern erst wieder erinnert werden, als ich 2015 meinen Hausstand aufgelöst habe, da habe ich das meiste verschenkt oder sehr, sehr billig verscherbelt. Da war die junge Mutter die mich x mal gefragt hat ob ich wirklich nichts für meine Einbauküche haben will und es nicht fassen konnte. Da war die Kunststudentin die vor Freude Kreischanfälle bekommen hat, als ich ihr meine ganzen Kunstbücher und Drucke überlassen habe und der pickelige Junge der sich über meine Staffelei und die Farbpigmente wahnsinnig gefreut hat.

Und ich habe den Eindruck – jetzt kommt alles zurück. Doppelt und Dreifach.

Und in zwei/ drei Jahren werde ich wieder alles verschenken und weggeben weil es für mich dann wieder weiter geht.

Und wisst ihr wie ich mich deswegen fühle? Kennt ihr diese doofen Quetschfigürchen? So kleine Gummiteile die man drücken kann und dann quellen ihnen die Augen raus. So fühle ich mich. Nur wenn man mich drückt kommt überall rosa Glitzer, Feenstaub und Herzchen raus. Aus den Augen und Ohren und vermutlich, wenn man feste genug drückt, auch aus meinem Hintern.

Keine Frage, als ich Nachts die Treppe runter geflogen bin oder Vorgestern unter der Leitplanke lag, da war von rosa Glitzer nicht mal was in homöopatischen Mengen zu sehen.

Aber ich konnte dem lieben Fräulein davon erzählen und meinen Freunden und alle haben ein angemessenes Klagelied für meinen Hintern voller Bluergüsse gesungen. Dabei habe ich Rotwein getrunken, Kartoffelchips gegessen und aus dem Fenster in den Regen geguckt, während meine Hunde brav das Bett vorgewärmt haben.

Ich bin ein krass priviligierter Mensch und ziemlich froh darüber, weil ich glaube … Das was passiert hat schon seinen Grund und tieferen Sinn.

Von daher kann mein Blog trotzdem inspirierend sein. Auch wenn ich jetzt erstmal wieder „ganz normal“ bin.

Es bleibt spannend.

Ein Gedanke zu “Rosa Glitzer aus meinem Hintern …

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