Aufreger des Monats April

Zeiträuber

Unpünktlichkeit … komm ich nicht mit klar. Es gibt natürlich immer Gründe, um es irgendwohin nicht pünktlich zu schaffen, aber ich finde allgemeine Verpeilung als Grund immer wieder zu spät zu kommen nicht akzeptabel und habe deswegen tatsächlich auch schon Freundschaften einfach beendet.
Man sagt, das wäre so typisch deutsch. Das ist mir doch egal.
Also ich verabrede mich nur mit Menschen, die ich auch wirklich mag. Wenn ich z. B. um 20 Uhr mit jemandem verabredet bin, dann bedeutet das, dass ich ab 20 Uhr auf ihn warte.
Als erwachsener Mensch kann ich durchaus Zeit abschätzen, sogar ohne ständig auf die Uhr zu schauen, und weiß wie lange ich zu was brauche. Ich bin also fertig, geduscht, angezogen und geschminkt, Bude ist aufgeräumt, Getränke stehen kalt usw.
Wenn dann ab 20 Uhr keiner kommt, fange ich an meine kostbare Zeit totzuschlagen. Man kann ja nichts Vernünftiges machen, weil ja eh gleich der Besuch kommt und man guckt dann nur ein Youtube Video, blättert in einer Zeitschrift und wartet halt. Ich habe dann z. B. nicht mal meine Schwestern angerufen, weil ich ja dann auch nicht das Gespräch nach 2 Minuten abbrechen wollte.

Umgekehrt das gleiche. Ich hatte mal eine Freundin, mit der habe ich zwar Abends gerne was unternommen, aber immer wenn ich sie abgeholt habe, schon in Vorfreude auf einen schönen Kneipenbummel, egal zu welcher Uhrzeit, hat sie mir die Türe mit Handtuchturban aufgemacht und ihre Kinder waren auch noch nicht im Bett.Also habe ich im Wohnzimmer gesessen, einen Trickfilm geschaut oder Fußball und habe gewartet.

Dabei habe ich manchmal bis zu 2 Stunden Dinge gemacht, auf die ich ums Verrecken keine Lust hatte. Ihre Tochter war in Lucys Alter und ganz lieb, aber ihr Sohn war ein kleiner Tyrann der einfach nur vollkommen frech, verhätschelt und unerträglich war.
Das geht doch nicht. Ich kann anderen Leuten doch nicht so die Zeit stehlen.
Es kommt nicht auf die Minuten an. Aber wenn das jeder so macht, dann braucht man sich doch gar nicht mehr zu verabreden, dann rennt man so lange rum bis man sich zufällig trifft.
Mittlerweile bin ich da taffer und werde in der Regel nur noch einmal versetzt, hingehalten oder vertröstet. Wer da keine gute Ausrede hat, hats verkackt. Ich bin da nicht böse und telefoniere sogar noch mit manchen. Ich mache aber keine Verabredungen mehr.
 
Diese Zeiträuber fallen also gar nicht mehr so ins Gewicht und wenn ärgere ich mich auch nur kurz.
Eine andere Sparte geht mir da derzeit viel mehr auf die Ketten.
 
Ich habe ja nun aufgrund meiner Lebensführung sehr viel Freizeit. Die verbringe ich mit lesen, schreiben, kochen, Gartenarbeit (demnächst) oder pflege meine Freundschaften von denen ich nur wenige, aber dafür sehr gute habe.
Nun gerate ich immer mal wieder an Leute, die meinen meine Freizeit anfüllen zu müssen. Die denken scheinbar, ich sollte dankbar auf die Knie sinken wenn sie mir, ganz lieb gemeint, sagen was ich echt mal müsste und vor allem mal sollte.
Neue Leute kennen lernen. Entweder das passiert aus Zufall oder es passiert eben nicht.
Ich kann mich doch nicht da hinstellen und sagen „Ich finde dich tollund interessant und ich möchte jetzt deine Freundin sein. “ Das kann man versuchen. Klar. Bestimmt klappt das auch bei manchen.
Ich bekomme gerne mal Besuch. Und ich kann es verstehen, wenn man sich den Wagen mal von Nahem oder sogar von innen angucken will und Fragen hat. Gerne. Ich hatte schon eine Menge Menschen hier sitzen, mit denen habe ich Kaffee getrunken und über Aussteigen, Wagenleben und ähnliches geredet. Mehr aber auch nicht. Man kann doch mal eine gute Unterhaltung führen ohne gleich die Woche drauf zusammen ins Kino zu gehen.

Das ich nicht wirklich gerne weggehe das ja auch nicht einfacher. Zum Arbeiten und Einkaufen muss ich ja hier weg und ich gehe ja auch immer mal mit dem lieben Fräulein Frühstücken. Aber am liebsten bin ich an dem Ort, der aktuell mein Zuhause ist.
Und ich lasse meine Hunde auch nicht gerne so lange alleine. Mal, um mit Ute ins Schokoladenmuseum zu gehen, mal zum Nachbarschaftsfrühstück, aber doch nicht um mit jemandem „Bekannten“ Zeit zu verbringen, wenn ich da gar keine Lust drauf habe. Das bedeutet doch nicht, dass ich die nicht mag, oder sauer mit irgend jemandem bin. Ich fühle mich da ja auch nicht unwohl, wenn ich so bin. Und ich finde mich nicht Misanthrop, wie es das liebe Fräulein mir manchmal zuschreiben möchte. Ich habe halt gerne meine Ruhe. Manchmal habe ich zuviel davon und dann gucke ich auch ganz schön blöd aus der Wäsche. Aber diesen Preis bezahle ich gerne.
In der Regel kann ich aber ganz gut etwas mit meiner freien Zeit anfangen, auch ohne Fernseher und Spielkonsole.
 
Und dann steh ich z. B. im Garten, buddle in der Erde, habe gerade einen richtigen Flow und bin quasi tiefenentspannt und plötzlich kommen Menschen, ohne Vorwarnung auf den Platz gewackelt, um bei mir mal eine Tasse Kaffee zu trinken, und dann haben die, trotz zarter Hinweise, auch noch Sitzfleisch. „Du brauchst doch auch mal ne Pause. “ Ja, aber ich bestimm doch wann, wie lange und vor allem mit wem.
Aber da ich ja kein Geld für diese Aktivitäten bekomme, kann ich sie ja auch verschieben, Oder gleich ganz ausfallen lassen. Der frechste Spruch, den ich zu hören bekam, nachdem ich gesagt hatte, dass ich „jetzt aber gerade im Garten bin weil ich unbedingt noch die Möhren sähen will“, war ein „Du machst dir immer so ein Stress, Möhren kannste kaufen, komm und mach uns einen Kaffee.“
 
Ich freue mich über spontanen Besuch – von meinen Freunden. Das sind Menschen die ich im wirklichen Leben kennengelernt habe.
Ich freue mich auch so ganz oft über jemand der vorbei kommt und mit mir ein Schwätzchen hält. Aber das birgt auch immer die Gefahr, dass ich gerade nicht da oder auf dem Sprung bin oder eben keine Zeit habe.
 
Ich durfte früher meine beste Freundin nie anrufen um mich mit ihr zu verabreden. Meine Mutter schickte mich erbarmungslos 200 m bis zu Judiths Haus. Das hört sich jetzt nicht schlimm an, aber wir hatten unser Haus auf einem hohen Berg stehen und sie wohnte unten. Auf jeden Fall musste ich runter latschen, klingeln und fragen ob sie da ist. Manchmal saß sie noch an den Hausaufgaben, manchmal hatte sie was zu helfen, manchmal haben wir uns schon nach 2 Minuten gestritten und dann musste ich den ganzen Berg wieder hoch trampeln, manchmal sogar mit einer schweren Tüte voller Barbie Sachen. Passiert. Überlebt.
 
Ich habe mich nicht für ein Leben ohne viel Geld, dafür mit viel Freizeit entschieden, damit jeder nach belieben auf meine Zeit zugreifen kann.

2 Gedanken zu “Aufreger des Monats April

  1. …aber wieso denn????? Man kann doch nicht einfach nichtstun, wie zB Karotten säen. Da kann man doch zumindest ein/en workshop/ seminar/ wochenendkurs/ tandemsprung in ‚Achtsamkeit der Muse und Erkennen und Pflegen im eigenen Leben‘ belegen… … … *Augen zwinkernd verdrehend* Kreuze an:
    Willst Du mit mir gehen? Oja Onein Ohau bloß ab!

    Gefällt 1 Person

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