Der eigene Garten

Ende Januar, Anfang Februar, kamen irgendwann meine Gartenkataloge mit der Post. Und von dem Augenblick an stand ich irgendwie neben mir.

Von meinen Eltern hatte ich meist zu meinem Geburtstag im November, spätestens aber zu Weihnachten, den Gärtner Pötschke Abreißkalender bekommen und das liebe Fräulein konnte sich dann wieder jeden Morgen an sinnigen Sprüchen und Bauernregeln erfreuen. Ich geierte förmlich drauf, das Gärtner Pötschke endlich den Startschuss gab, zumindest auf der Fensterbank schon mal was aus zu sähen. Gewächshäuser für die Fensterbank und Torftabletten hatte ich immer noch günstig vom Vorjahr. Zusätzlich hatte ich immer noch den Kraut und Rüben Kalender, der für die Ernsthafte Gärtnersfrau unabdingbar ist.

Also meine Adresse stand im Kalender und auch die Telefonnummer von den Menschen die im Notfall zu benachrichtigen sind und der Termin vom perfekten Mondstand um die Tomatensaat in die Töpfchen zu bringen. Und ich schaute täglich in den Kalender um auch ja nichts zu verpassen, falls sich der Mondstand für Tomaten doch plötzlich nach vorne verlegt. Gemüsegärtnern war und ist meine Leidenschaft.

Angefangen hat alles mit einem Kohlrabi. Ich stand im Netto in der Geisstraße, wollte ein bißchen Alibigemüse kaufen und hielt diesen Kohlrabi in der Hand. Das ich ihn überhaupt in die Hand genommen hatte, lag am Preis. 39 Cent. Für einen sehr großen Kohlrabi ist das durchaus gut und dann fiel mein Blick auf das Herkunftsland. Ägypten. Und da dachte ich, wollen die mich verarschen? Was soll das sein? Ein Kohlrabi, der hier überall wächst. Kommt aus Ägypten und kostet dann nur 39 Cent. Was kann das schon sein? Wie viel Nährwert und Vitamine hat das Gemüse noch. Und da dachte ich, ich will einen eigenen Garten. Mein liebes Fräulein war zu der Zeit ein Grundschulkind. Um so wichtiger, dachte ich, dass sie sich Gesund ernährt.

Aber wer einen Schrebergarten will, der hat zwangsläufig mit Gartenfreunden der besonderen Art zu tun. Mag sein, dass sich das inzwischen geändert hat. Aber in Gartenvorständen sind meist alte Männer. Weißhaarige Supergärtner. Die seit 100 Jahren die Kartoffel Linda und die Tomate Ochsenherz anpflanzen und sehr, sehr kritisch gucken wenn plötzlich ein junges Mädel (unter 50) ankommt, mit ein paar Gartenbüchern unterm Arm und alles anders machen will. Manchmal lohnt es sich zu zuhören. Manchmal lohnt es sich, sich eine trinkfeste Leber an zu trainieren. Und manchmal ist es gut ein dickes Fell zu haben.

Aber ich finde, es geht kaum was über eigenes Obst und Gemüse. Ich habe das liebe Fräulein und mich im Sommer fast Selbstversorgt.

bild-036Ich hatte Gläserweise Tomatensoße und Ketchup, Marmelade und Kompott. Ich hatte meine eigene Zucchinischwemme, konnte mich zum ersten mal an Artischocken satt essen, hatte vier verschiedene Kartoffelsorten und somit bis in den späten Herbst hinein was zum ausbuddeln.

Ich weiß nicht, ob das jemand nachvollziehen kann. Einen Zucchini ernten, den man selber ausgesät hat. Ein Samenkorn in der Größe des kleinen Fingernagels und ein paar Monate später – tata – eigene Zucchinis.

Ich habe viele Fehler gemacht. Und wenn ich alles Geld zurückbekommen würde, was ich in den Sand gesetzt habe, weil ich zu naiv war, dann – würde ich sehr viel Geld zurück bekommen.

Schrebergärten bekommt man nicht einfach so hinterher geworfen.

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Erste Bruchbude

Man muss einfach mal in den Schrebergarten seiner Wahl spazieren gehen. Meist sieht man schon am Eingang eine große Tafel, wo drauf steht, in welchem Garten mal wieder was gemacht werden müsste, wo die Hecke zu hoch ist oder die 3/3 Regel nicht eingehalten wurde und welche Gärten frei sind. Und dann kann man mal durch spazieren und sich die freien Gärten angucken. Hatte ich mich mit meinem ersten Garten und 300m² etwas übernommen, ging der zweite Garten mit nur 150m² schon besser. Und der sah auch von vorneherein ein bißchen gepflegt aus. Lasst euch nicht von romantisch verwucherten Zaubergärtchen verführen.

Dann muss man aufpassen was für ein Haus drauf steht. In meinem ersten Garten war ein Haus drauf mit zwei Zimmern und Bad, Sowie eine überdachte Terasse.

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Hund und ich vor der Bude

Und später musste ich fest stellen, dass es eine durchgefaulte, schlecht zusammen gezimmerte Drecksbude war. Am Ende hatte ich mehr Zeit im Haus verbracht, um es zu reparieren und schlimmeres zu verhindern und habe dort mehr Geld rein gesteckt als in meinen eigentlichen Garten, Pflanzen und Gartengeräte.

Natürlich ist ein Gartenhäuschen zum drinnen wohnen cool. Aber man schafft sich ja keinen Garten an um dort in einem Haus zu sitzen. Ein Klo und ein Platz zum Unterstellen wenn es regnet ist doch ausreichend.

dsci0403Ohne die Hilfe meiner Familie wäre mir beim ersten Garten nur eine Brandrodung geblieben.

Ich habe mich da ein wenig übers Ohr hauen lassen. Aber das ging auch nur, weil ich mich hoffnungslos überschätzt hatte und ein bißchen mehr abgebissen habe als ich kauen konnte.

Wichtig war aber immer für mich, ich hatte meine Ernährung wieder selbst in die Hand genommen. Ich habe Zeit investiert um mein Kind zu ernähren. Also nicht Geld verdient um mir Dreck zu kaufen um sie damit zu

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Das Minihaus im zweiten Garten

vergiften. Nahrung. (Den Dreck haben wir zusätzlich gefressen. Und ich habe auch noch geraucht – also stand ich maximal auf 0 – weil ich aber auch nirgendwo eine Erdnussflipspflanze gefunden habe, verdammt.)

Trotzdem. Und ich werde auch wieder einen Garten haben. Oder ein Stück Feld, oder eine Waldlichtung. Sobald ich wieder zurück in Halle bin. Und ich werde wieder Wein selber machen und Tomatensoße einkochen. Kartoffeln setzen und beim Versuch ein vernünftiges Bohnenzelt zu bauen mich pfählen oder so.

Und zur Motivation sind hier ein paar Links, wo ich mein Saatgut her bekommen habe. Oder meine Setzkartoffeln.

Magische Kräuter

Kräuter und Duftpflanzen

Bioland Obst und Gemüse

Kupfer Werkzeug

und hier der Link zu einem meiner Lieblingsgartenbücher.(übrigens der einzige wo ich eine kleine Provision bekomme wenn ihr was darüber bestellt. Das Buch sollte es aber auch in jeder Buchhandlung geben.)

Gärtnern nach dem Mond

King Edward, weiß mit roten punkten auf der Schale. Da war die Kartoffelernte wie eine Schatzsuche.

In der Hängematte den Sommer durchhängen mit Erdbeeren und Kirschen…

Seufz

Ja, ich hatte ganz oft ziemlich viel Spaß.

Ein eigener Garten ist ein großer Schritt in Richtung Unabhängigkeit.img_20140801_102921

2 Gedanken zu “Der eigene Garten

  1. Unabhängigkeit? Gibt es tatsächlich noch samenfestes Gemüse oder Samen zu kaufen? Außer auf den Verteiltreffen, welche die EU verbieten möchte.
    MfG toe

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