Ja, schon wieder das Thema Alt und Erwachsen werden. Allerdings ist es derzeit allgegenwärtig. Nicht nur wegen meinem 44.Geburtstag.
In allen Bereichen trifft man auf erbärmliche Peter Pans.
Man kann ziemlich alt werden ohne jemals erwachsen werde zu können. Und jetzt denkt der ein oder andere, na und, ich will ach gar nicht erwachsen werden. Ich bewahre mir das innere Kind. Nun bedeutet das für die Peter Pans die ich kenne allerdings nicht, die Welt mit staunen zu schätzen, auf einer Wiese Bienen zu beobachten und Nachts mit einem Schlafsack im Garten zu liegen und die Sterne zu zählen oder neugierig auf alles Unbekannte zu zu gehen. Es ist ehe der pubertierende Teenager der sich mit aller Gewalt bewahrt werden soll. Wenn Verantwortung übernommen wird, dann maximal für das eigene Wohlbefinden, am liebsten jeden Abend mit Kumpels zum trinken und „Mugge“ machen treffen und am nächsten Tag schön bis Mittags im Bett liegen. Und wenn man dann mal was geschafft hat, z.B. einen Anzug bei der Einschulung des eigenen Kindes tragen, dann müssen Mutti und Vati und die restlichen Verwanden applaudieren „Haste fein gemacht Junge.“ Sonst wird das Peterle depressiv und kommt erst wieder gut drauf wenn er mit Mitte 40, zusammen mit seinen Kumpels, die Anfang 20 sind, zusammen im Mosh Pit rumrast. Den Peter erkennt man auf Familienfotos zu feierlichen Anlässen auch mal am Tankard Shirt was über den Bierbauch spannt.
Der letzte Peter Pan mit dem ich mich bis Anfang 2014 rumgeplagt habe, hat regelmäßig Sonntag Abend Heulkrämpfe bekommen. Auch weil er sein schönes Geld, was er sich im Schweiße seines Angesichts verdient, ja fast alles wieder abgeben muss. Und nur für so doofe Sachen wie Versicherungen, Kredit vom Haus, Unterhalt und was man halt sonst noch alles bezahlen muss, ob man sich nun erwachsen dazu fühlt oder nicht. Und gerade der Kredit vom Haus, das waren fast 400€. Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon 20 Jahre Miete bezahlt und die war nie so günstig. Den Einwand fand er voll daneben und meinte ich bin vielleicht schon zu erwachsen, dass ich mich damit abgefunden habe. Ich habe ihn immer mal gefragt was er glaubt was passieren würde, wenn er Erwachsen ist. Das die langen Haare abgeschnitten werden und er Hemden anstatt T-Shirts und Halbschuhe anstatt Turnschuhen tragen muss? Er hat das nie beantwortet, sondern nur immer trotzig unter sich geguckt.
Weil er vielleicht geahnt hat, dass Erwachsene einfach mal Verantwortung übernehmen. Das fängt an bei der Verantwortung, dass die Mülltonnen jeden Dienstag an die Straße geschoben werden, geht weiter bei der Verantwortung seinem Kind gegenüber zum Arzt zu fahren wenn es krank ist auch wenn man an seinem freien Tag was besseres vor hatte und man da stundenlang warten muss, bis hin zu der Verantwortung für sich selber.
Ich sitze beim Spazierengehen auf jeder Schaukel der ich habhaft werden kann, manchmal esse ich Kartoffelchips zum Frühstück, beim basteln sitze ich auf dem Fußboden, ich habe ein paar Turnschuhe und ein buntes Haus auf Rädern. Und ich finde mich ziemlich erwachsen. Weil ich für meinen Kram selber Verantwortung übernehme.
Mein liebes Fräulein konnte ich ohne überdimensionierte Angst auf die Welt los lassen. Sie durfte erst eigene Entscheidungen treffen, wenn sie auch die Konsequenzen alleine dafür tragen konnte. Deswegen hat sie auch gelernt Verantwortung zu übernehmen. Ja, manchmal, wenn das Holz im Ofen nicht gleich brennt, oder ich einkaufen fahren muss, obwohl es regnet und ich lieber im Warmen bleiben würde. Dann stampf ich manchmal mit dem Fuß auf und nöle „Ach mennooooo!“
Aber was hilft es? Ich muss da durch.
Ein Moment wo ich mich ziemlich erwachsen gefühlt habe und eindeutig für mich fest machen konnte was es für mich bedeutet, war der Augenblick meiner Kündigung auf Föhr. Meine Chefin die vollkommen verbal ausrastete, mich mit Spucke vorm Mund und hochroten Kopf auf holländisch beschimpfte und als sie fertig war im mütterlichen Ton sagte „Ich will nur, dass es beim nächsten mal klappt.“ Ich lächelte sie freundlich an und sagte ruhig und mit Augenkontakt „Das möchte ich auch. Aber falls es nicht klappt, keine Angst du musst dich nicht mehr lange mit mir rumquälen, ich möchte nämlich mein vierzehntägiges Kündigungsrecht in Anspruch nehmen.“ ohne rot werden, ohne stottern, ohne peinliches zurück schimpfen auf ihrem Niveau und die ganze Zeit mit Blickkontakt. So lange bis sie weg geguckt hat. Und als sie dann rumflennte, wegen Hauptsaison und Personalmangel und ihr Mann mich dann fragte ob mir die Arbeit zu schwer wäre konnte ich auch ihm ruhig und mit Blickkontakt sagen, dass mir der Umgangston hier nicht gefällt, mir kein Respekt entgegen gebracht wird, ich mir das nicht gefallen lasse und auch nicht glaube, dass sich da was auf Dauer ändern kann, weil er und seine Frau eben so veranlagt sind ihre Angestellten so zu behandeln.
Als ich zum Feierabend am Strand entlang lief musste ich immer noch die ganze Zeit vor mich hin grinsen. Ich habe nichts an die Wand geworfen, nicht geschrien, das Onkelfickerlied gesungen und bin nicht aus der Bude gestürmt um mich krank schreiben zu lassen, nein. Ich war so voll souverän. So erwachsen. Und es hat nicht weh getan.
Selbst der liebe Hund war stolz auf mich. Er hat auf jedem Fall so aus gesehen, als wir auf dem Spielplatz im Drehkarussell saßen und ich ihm von meinem Tag erzählt habe.
Also, erwachsen sein heißt für mich – die Konsequenzen für die eigenen Entscheidungen übernehmen, seine eignen Maßstäbe setzten ohne sich beeinflussen zu lassen und keine Angst davor nach seinen Bedürfnissen und seinen Maßstäben zu leben und Verantwortung für seine Umwelt übernehmen.
Was ich damit sagen will, du kannst noch so einen tollen Anzug tragen, dein Konto kann noch so dick und deine Urlaube alle unter Palmen sein; hast du auf deinem Schreibtisch eine Nespresso Kapselmaschine stehen und fährst täglich mit deinem SUV auf Arbeit weil du mit öffentlichen Verkehrsmittel 15 Minuten länger bräuchtest, dann brauchst du noch ein paar Lerneinheiten.
Und wenn du deine „Untergebenen“, oder nennen wir es Menschen die auf dein Wohlwollen angewiesen sind, wie Scheiße behandelst und es richtig raus hängen lässt, dass sie deinen Launen vollkommen ausgeliefert sind,stehst du in meiner Hierarchie auf den untersten Rängen.
Und das ist die, die für mich relevant ist.
Und das kann ich nämlich einfach so für mich fest legen, als erwachsene Person.